Kommentar zum Matthäus-Evangelium | Roland Hofmann |
Matthäus
Ursprung Jesu - Geburt und Kindheit
Der Titel in Vers 1 gibt an, was mit der Angabe des Stammbaums Jesu deutlich werden soll:
Die Anzahl Generationen von Abraham bis zum Christus sind 3 x 14 (
3: | Göttliche Eigenschaften und Dinge sind häufig dreigliedrig.
|
2: | Kleinste Gemeinschaft, Trennung, Entscheidung. Vor Gericht waren
mindestens zwei Zeugen nötig ( |
7: | Abgeschlossenes, erfülltes Ganzes in Vollkommenheit, meist von Gott
gesetzt.
|
Damit drückt der Stammbaum aus, dass die Geschichte Israels von Gott
vollkommen geplant ist und mit der Geburt des Christus zu ihrem
Höhepunkt kommt.
Gleichzeitig erinnert Matthäus aber auch an die Schattenseiten der
Geschichte Israels: Den allmählichen Niedergang des Glaubens und des
Königtums bis hin zur babylonischen Gefangenschaft (
Die Nennung von Frauen war in Stammbäumen nur zur Erklärung von Unregelmäßigkeiten üblich. Hier jedoch gibt es keine Unregelmäßigkeiten, sondern die ersten vier Frauen weisen auf Sünde hin:
1. | Tamar: Sie verführte Juda zur Hurerei, um von ihm Nachkommen zu
bekommen, weil er ihr seinen Sohn zur Schwagerehe verweigerte. Sie
wurde deswegen nicht bestraft, weil Juda der eigentlich Schuldige war
( |
2. | Rahab: Eine heidnische Prostituierte, die aber an Gott glaubte und
daher Israel wohlgesonnen war. Sie wurde bei der Eroberung Jerichos
als einzige verschont ( |
3. | Rut: Ebenfalls eine Heidin, die aus Liebe und Mitleid mit ihrer
israelischen Schwiegermutter nach Israel kam und Jahwe zu ihrem Gott
machte. Sie wird dort von ihrem Witwenschicksal erlöst und wird die
Frau eines angesehenen, wohlhabenden Mannes.
Eigentlich stand sie als Moabiterin unter Gottes Fluch ( |
4. | Die Frau des Uria: David beging Ehebruch mit ihr, wie die Nennung
ihres ursprünglichen Mannes schon deutlich macht. Ihr Sohn Salomo
wurde der Thronfolger, baute den ersten Tempel und war der mächtigste
König Israels, obwohl er nicht der erstgeborene Sohn Davids war.
|
Dies zeigt, dass Jesus in die Welt der Sünde hineingeboren wurde, die
dringend Rettung braucht und deutet gleichzeitig die Gnade an, die er bringen wird,
und die sich schon darin zeigt, dass diese Personen im Stammbaum des Messias vorkommen,
obwohl sie als Sünder und teilweise Nichtjuden dazu eigentlich kein Recht hatten.
Dass Jesus Nachkomme sündiger Menschen ist, bringt ihn in den Bereich der
Sünde. Der Stammbaum zeigt also auch schon, dass Jesus für uns "zur Sünde
gemacht" wird (
In
Wenn man den Stammbaum mit den Stammbäumen im AT vergleicht, die zumindest bis zur babylonischen Gefangenschaft und kurz danach vorhanden sind, stellt man fest, dass Matthäus einige Generationen weggelassen hat. Offenbar kam es ihm nicht auf Vollständigkeit an, sondern darauf, die wichtigen und bekannten Personen zu nennen und in der Liste die symbolischen Zahlen (3 x 2 x 7) zu erreichen. Möglicherweise sollten die 3 gleichgroßen Listen auch besser merkbar sein.
Die Stammbäume von Matthäus und Lukas unterscheiden sich in folgenden Punkten:
Die Unterschiede können teilweise durch die unterschiedlichen Adressaten der Evangelisten
erklärt werden. Die Zielgruppe von Matthäus sind Juden. Für sie war das Alte Testament
mit seinen Prophezeiungen über den Messias die Richtlinie für jeden, der den Anspruch erhob
dieser Messias zu sein. Der Messias musste von David abstammen und ist als König
verheißen (
Die Zielgruppe von Lukas sind die von der griechischen Kultur geprägten Nichtjuden. Für sie hatten Stammbäume keine so große Bedeutung. Daher beginnt Lukas auch nicht damit, sondern mit Jesu besonderer Geburt. Er stellt Jesus als den vollkommenen Menschen Gottes dar. Deshalb verfolgt er den Stammbaum bis zu Adam, dem ersten Menschen. Auch Lukas nennt Josef als den rechtlichen Vater Jesu. Allerdings benutzt er nicht das Wort zeugen, sondern formuliert nur so, dass Jesus ein Sohn (Nachkomme) aller genannten Vorfahren ist ("er war, wie man meinte, ein Sohn Josefs, des Eli, des ..., des ..."). Auch wenn man die Reihe so verstehen will, dass Josef ein Sohn Elis war, dann kann er hier auch sein Schwiegersohn sein. Daher wird von den meisten Kommentatoren angenommen, dass Lukas den Stammbaum Marias nennt, d. h. seinen biologischen, während Matthäus seinen juristischen vorstellt. Aber Lukas folgt der antiken Tradition, dass er keine Frauen im Stammbaum nennt, auch nicht Maria.
In der Kommentarliteratur wird übrigens erwähnt, dass auch von den frühen Feinden und Kritikern des Christentums keine Schriften bekannt sind, in denen sie die unterschiedlichen Stammbäume bei Matthäus und Lukas zum Anlass nehmen, den christlichen Glauben anzugreifen. Offenbar waren die Stammbäume aus damaliger Sicht nicht anfechtbar.
Kommentar zum Matthäus-Evangelium | Roland Hofmann |
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