Kommentar zum Matthäus-Evangelium | Roland Hofmann |
14.05.2015
Jesus leitet seine Himmelreichgleichnisse, die Wesentliches über ein Leben des Glaubens und die Beziehung zu Gott aussagen, mit einer Aufforderung zum richtigen Zuhören ein.
Allerdings ist dieses Gleichnis ohne Deutung nicht zu verstehen. Die Geschichte selbst entstammt zwar der landwirtschaftlichen Praxis der damaligen Zeit, die allen Zuhörern vertraut war. Aber ohne Angabe des Bezugs zu den geistlichen Tatsachen, die Jesus darstellen will, scheint es sich um Banalitäten zu handeln. Nur der Schlusssatz, "Wer Ohren hat zu hören, der höre!", gibt einen kleinen Hinweis auf das, was Jesus mit dem Gleichnis sagen will. Diese vage Andeutung reicht jedoch nicht aus, damit die Zuhörer verstehen.
Die Eigenschaften der vier verschiedenen Ackerböden lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. | Weg, Vögel fressen = nicht verstehen (wollen) => der Böse reißt Verständnis weg
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2. | Fels, Sonne verbrennt = mit Freude aufnehmen, aber keine Wurzeln => wendet sich bei Bedrängnis ab
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3. | Dornen ersticken = Sorgen der Welt und Betrug des Reichtums ersticken das Wort => keine Frucht
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4. | Guter Boden = hören, verstehen => Frucht bringen
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Die entscheidenden Begriffe, die bei diesen vier Bodenarten eine Rolle spielen, werden nun näher untersucht:
Da auch für dieses erste Bild des Gleichnisses die Aufforderung gilt: "Wer Ohren hat, der höre", ist hier sicherlich kein Unverständnis wegen fehlendem Wissen oder mangelnden intellektuellen Fähigkeiten gemeint, sondern ein schuldhaftes Desinteresse und fehlendes Bemühen, ernsthaft zuzuhören.
Jesus möchte nicht Nachfolger, deren Glaube auf oberflächlicher Begeisterung beruht und die bei Schwierigkeiten ganz opportunistisch gleich wieder abspringen, sondern solche, für die Nachfolge eine Lebensentscheidung ist, die sich durch nichts erschüttern lässt.
Hier handelt es sich um Störfaktoren, die von Jesus und seinem Wort ablenken und deshalb dazu führen, dass das Wort Gottes im Leben eines Menschen keine Frucht bringt, d. h. keine positive Auswirkung hat. Diese sind:
Die Gesinnung, die Jesus sich bei seinen Zuhörern wünscht, ist zunächst das aufmerksame Zuhören, dann der Wille, sich um das richtige Verständnis zu bemühen und die Erkenntnisse im Leben praktisch anzuwenden (Frucht bringen). Jesus möchte keine schönen Theorien und wohlkonstruierte Gedankengebäude vortragen, an denen man sich freuen und über die man philosophieren kann, sondern es kommt ihm darauf an, dass seine Worte in den Zuhörern eine Verhaltensänderung bewirken. Das richtige Zuhören ist also handlungsorientiert und fragt, wie das Gehörte in die Tat umzusetzen ist.
Selbst die Jünger, die Jesus gut kennen, verstehen zunächst nichts. Das Gleichnis kann also nur
dazu gedacht sein, die ernsthaft Interessierten von den nur Neugierigen zu trennen.
Es fordert dazu heraus, nachzufragen. Die Jünger schämen sich scheinbar, direkt nach der Deutung
zu fragen und zuzugeben, dass sie es auch nicht verstehen (vgl.
Dadurch ergeben sich folgende Fragen:
1. | Warum und auf welche Weise ist es den Jüngern gegeben?
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2. | Warum ist es dem Volk nicht gegeben?
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Den Jüngern ist es gegeben, weil sie schon etwas haben (V. 12). Die Volksmenge hat nichts und deshalb wird ihr durch die Gleichnisse auch der letzte Rest genommen.
Dadurch entsteht die nächste Frage: Was wird denn gegeben und was muss man schon haben, damit einem gegeben wird? Gegeben wird offenbar das Verständnis der Geheimnise des Himmelreichs (V. 11). Mit dem, was schon da sein muss, damit dieses Verständnis möglich ist, könnte Bereitschaft auf Gott zu hören, Glaube und Bereitschaft zum Gehorsam gemeint sein.
Der Großteil des Volkes hatte Jesus als Messias, den geistlichen Leitern folgend,
abgelehnt (
Die inneren Ohren und Augen der Jünger sind jedoch aufnahmebereit und darum werden sie glückselig genannt (V. 16), weil sie dadurch offen sind für tiefere Erkenntnis des Reiches Gottes, die weit über das hinausgeht, was die Propheten des Alten Testaments erleben durften. Die Offenheit und das echte Interesse der Jünger zeigen sich dadurch, dass sie fragen. Daher gewährt ihnen Jesus durch die Deutung das Verständnis.
Die zitierte Stelle in
Auch dieses Gleichnis ist ohne die Erklärung Jesu nicht zu verstehen, da die
Information über die entscheidenden Bezugspunkte fehlt. Daher fordert auch dieses
Gleichnis dazu heraus, Jesus nach der Deutung zu fragen. Aber offenbar tut das
niemand von der Volksmenge (vgl.
Dieses Gleichnis ist das erste in der der Betgiff Himmelreich (oder Reich der Himmel, je nach Übersetzung) eine zentrale Rolle spielt. Der Begriff Himmelreich oder Reich Gottes ist sehr vielschichtig. Für ein vertiefendes Studium siehe http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/i0031_reich_gottes.htm
Da Jesus hier die Frage offen lässt, wer gerecht und wer böse ist, ergibt sich für jeden Zuhörer die Frage: Bin ich böse oder bin ich gerecht? Was wird mich beim Gericht am Ende der Weltzeit erwarten?
Jesus hat bereits früher deutlich gemacht, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten,
von denen man aufgrund ihrer Bemühungen um ein Gott gefälliges Leben erwarten dürfte,
dass sie am ehesten dem Reich Gottes nahe sind, tatsächlich zu den Bösen gehören,
weil sie ihn ablehnen (
Und Jesu Einleitung zur Bergpredigt macht deutlich, dass alle, deren Gerechtigkeit
nicht viel besser ist, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, nicht ins
Himmelreich kommen werden (
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