Mat 13,31-33 Gleichnise vom Senfkorn und Sauerteig
Welche Pflanze ist mit dem Senfkorn gemeint?
Das Senfkorn ist nicht das kleinste Samenkorn überhaupt, aber wohl das kleinste,
das damals in Israel landwirtschaftlich angebaut wurde. Jesus bezieht sich hier
nur auf Gartenpflanzen/Kräuter (je nach Übersetzung, V. 32).
Welche Pflanze genau gemeint ist, ist nicht eindeutig zu klären.
Am naheliegendsten wäre der Schwarze Senf (brassica nigra, sinapis nigra),
eine krautige Pflanze, die zwischen 0,3 und 2, selten 3 m groß wird.
Aber für Vogelnester eignet sich diese Pflanze wohl nicht.
Ein Bibellexikon behauptet, in Palästina würde diese Pflanze bis zu 10 m hoch.
Das wird allerdings sogar auf Seiten wie http://www.flowersinisrael.com nicht bestätigt.
Allerdings kann sich die Pflanze in 2000 Jahren auch verändert haben und damals
größer geworden sein als heute.
Ein Kommentar deutet den möglichen Widerspruch zwischen dem Schwarzen Senfstrauch und
dem von Jesus erwähnten Baum so, dass Jesus hier nicht behaupten will,
dass die Senfpflanze ein Baum wird, sondern dass das Himmelreich sich übernatürlich
verhält und sich so unerwartet ausbreitet, wie wenn eine Senfpflanze anstatt
wie üblich ein Strauch von 1 m zu werden, ein großer Baum würde.
Negative Deutungsmöglichkeit
Einige Kommentatoren sehen in den Gleichnissen die Andeutung negativer Eigenschaften der Christenheit:
Die Ausbreitung über die normale Größe des Senfstrauchs hinaus, deutet eine
unnatürliche, falsche Entwicklung der Christenheit an. Ebenso die "Vögel des Himmels",
die in der Bibel oft in negativem Zusammenhang vorkommen, z. B. als Vollstrecker
des Gerichts (1Mo 40,17 / 1Kg 14,11 / 1Kg 16,4 / 1Kg 21,24 / Jer 15,3 / Hes 31,10-13 / Hes 32,3-4),
als Bild für Böses (Jer 5,27 / Off 18,2), zuletzt auch im Gleichnis vom Sämann (Mat 13,4+19)
als Handlanger des Bösen.
Allerdings kommen die Vögel des Himmels öfter noch in neutralem oder positiven Sinn
vor, z. B. als Teil der Schöpfung (Hiob 12,7 / Hiob 35,11 / Psm 104,8-12 / Mat 6,26).
Aus diesem Blickwinkel könnte man die beiden Himmelreich-Gleichnisse als Bekräftigung
des vorangehenden Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen sehen: Negatives mischt
sich ins irdische Himmelreich hinein und lässt es unnatürlich groß werden.
Als Erfüllung dieser Prophezeiung werden Fehlentwicklungen der Kirchengeschichte
gesehen, nachdem das Christentum Staatsreligion wurde und die Kirche zu einer weltumspannenden
Institution wurde, geprägt von Machtgier und falschen Lehren.
Gegen diese negative Deutung spechen folgende Aspekte:
Das Himmelreich erscheint in den anderen Gleichnissen von Mat 13 nie negativ.
Auch im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen, ist das Himmelreich nicht der Acker,
auf dem Gutes und Schlechtes gemeinsam wächst, sondern der Mensch, der guten Samen
auf seinen Acker sät, d. h. Jesus (Mat 13,24+37)! Der gute Same sind die Kinder des
Himmelreichs (Mat 13,38), die das Evangelium verkündigen. Das Himmelreich ist das Reich Gottes,
wo Gott herrscht. Da kann nichts Böses oder Falsches dabei sein.
Gleichnisse haben normalerweise nur einen Aspekt, den sie verdeutlichen
sollen. Dieser muss ermittelt werden. Jedes vorkommende Element
eines Gleichnisses zu deuten kann zu falschen Ergebnissen führen. In diesem Fall
ist der entscheidende Aspekt die Ausbreitung, die in beiden Gleichnissen vorkommt.
Das Himmelreich gleicht hier dem Sauerteig (Mat 13,33). Da das Himmelreich etwas
Positives ist, kann hier wohl kaum der negative Aspekt aus anderen Zusammenhängen
anwendbar sein.
Positive Deutungsmöglichkeit
Wenn man von der positiven Deutung ausgeht, treffen die Gleichnisse folgende
Aussagen über das Himmelreich:
Es beginnt unscheinbar und klein, aber wird irgendwann überragend mächtig.
Es bietet Schutz und Sicherheit.
Es hat trotz unscheinbarer Menge eine durchdringende Wirkung.
Diese Aspekte könnten sich auf folgende Eigenschaften des Evangeliums und der Gemeinde beziehen:
Die Menge der ans Evangelium Gläubigen ist erst klein (1Ko 5,3-6 / Apg 1,15) und
breitet sich dann sehr aus (Apg 2,41 / Apg 4,4).
Schutz, Sicherheit und Ruhe spiegeln sich in vielen Aspekten des Evangeliums
wieder (Apg 3,19-20 / Mat 11,28 / Heb 4,3).
Die durchdringende Wirkung des Evangeliums kommt ebenfalls an anderen Stellen
vor (Mat 5,13 / Mat 24,14 / Mrk 16,15 / Röm 15,18-19). Die Gläubigen sind zwar
nicht viele, aber beeinflussen viele Menschen. Manche Kommenatatoren beziehen
die Wirkung des Sauerteigs auch auf den Einfluss des Evangeliums auf das
Herz und Leben der Menschen oder sogar auf Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.
Das kann man in der Geschichte zu einem bestimmten Maß beobachten,
ist aber nicht aus dem biblischen Kontext direkt begründbar.
Mat 13,34-35 Abschluss der Rede vor der Volksmenge
Wie schon in Mat 13,10-15 wird hier noch einmal die Gleichnisrede
gegenüber dem Volk thematisiert. Hier wird zur
Begründung noch eine andere alttestamentliche Stelle genannt: Psm 78,2.
Dieser Psalm von Asaf hat offenbar aber keinen Anspruch eine
Prophezeiung zu sein, die erfüllt werden muss, auch wenn Asaf in
2Ch 29,30 als Seher bezeichnet wird. Propheten sagen nicht immer Zukunft
voraus, sondern warnen oft auch nur vor Sünde und drohen Gericht an.
So weist dieser Psalm darauf hin, dass die Väter die Aufgabe haben,
nachfolgenden Generationen auf die Wunder und Offenbarungen Gottes in der
Geschichte Israels hinzuweisen, damit sie nicht so ungläubig und ungehorsam
werden, wie vergangene Generationen es waren, so dass Gott sie mehrfach
strafen musste. Auch Gottes Langmut und Gnade wird hervorgehoben.
Der Psalm hat also nicht die Absicht etwas zu verheimlichen
und zu verschleiern, sondern wichtige, in Vergessenheit geratene (und damit
in gewisser Weise verborgene) Wahrheiten Gottes wieder neu bekannt zu machen.
Eine Erfüllung dieser Prophezeiung durch die Gleichnisrede Jesu findet
also insofern statt, als Jesus ein ähnliches Ziel verfolgt.
Es geht in den Himmelreich-Gleichnissen um die besonderen,
ungewöhnlichen Eigenschaften des Himmelreichs und des Evangeliums, die bisher
unbekannt waren und durch die sich Gott jetzt und in Zukunft offenbaren will.
Auch mit diesen Gleichnissen warnt Jesus also vor Unglauben und Ungehorsam
und fordert dazu auf, sich um Verständnis und Gehorsam gegenüber
seinen wichtigen Offenbarungen Gottes zu bemühen. Aber nur die Jünger
tun dies, indem sie ihn im nächsten Vers um die Erklärung bitten.
Das Himmelreich ist so wertvoll, dass es sich lohnt, alles andere dafür wegzugeben.
Nichts anderes ist wichtiger und nichts ist damit vergleichbar. (vgl. Php 3,7-8)
Das Himmelreich wird hier zufällig gefunden, ohne dass danach gesucht wurde
(vgl. Jes 65,1)
Das Himmelreich ist nicht auf dem ersten Blick erkennbar.
Auslegung
Das Himmelreich ist Jesus (Mat 13,24+37), die Beziehung zu ihm und seine Herrschaft im eigenen Leben
hier auf der Erde und nach dem Tod. Ihn zu finden und ihn in sein Leben aufzunehmen
ist wertvoller als alles andere. Er wird aber nicht von allen gefunden. Ihn zu finden
ist ein Geschenk. Er lässt sich von manchen Menschen finden, die ihn nicht gesucht haben.
Mat 13,45-46 Gleichnis vom Kaufmann und der kostbaren Perle
Beobachtungen
Oberflächlich betrachtet scheint dieses Gleichnis das gleiche auszusagen, wie
das vom Schatz, mit dem einzigen Unterschied, dass der Kaufmann die Perle hier
gezielt sucht.
Genauer betrachtet unterscheidet sich allerdings auch die Einleitung.
Hier heißt es: "Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann ...", oben dagegen: "Das
Himmelreich gleicht einem Schatz ...".
Auslegung
Müssen wir hier Jesus mit dem Kaufmann gleichsetzen? Einige Bibelausleger sind
dieser Meinung und begründen diese nicht nur mit der Einleitung des Gleichnisses,
sondern auch damit, dass das Meer (woher die Perlen kommen) oft ein Bild für die
Völker ist (z. B. Dan 7,1-4 / Off 13,1-7).
Jesus sucht Menschen aus allen Völkern, die bereit sind an ihn zu glauben.
Sie kauft er frei (1Ko 6,20 / 1Ko 7,23 / 2Pt 2,1 / Off 5,9 / Off 14,3-4) und gibt
dafür alles hin, d. h. sein Leben (Gal 1,4 / Gal 2,20 / Eph 5,2+25 / 1Jh 3,16).
Die meisten Bibelausleger folgen jedoch dem ersten Eindruck und setzen Jesus/Gott und
das ewige Leben mit der Perle gleich. Der einzige Unterschied zum ersten Gleichnis
ist dann, dass der Kaufmann hier nach der Perle sucht, während der Mensch im ersten
Gleichnis den Schatz zufällig findet. Gott lässt sich also sowohl von manchen
Menschen finden, die ihn nicht suchen, als auch von denen, die von ganzem Herzen
nach ihm suchen (vgl. Mat 7,8 / Luk 11,10 / Psm 34,5 / Jer 29,13-14).
Allerdings muss man bei dieser Auslegung eine Begründung dafür finden, warum
man trotz der Einleitung "Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann ..." nicht
den Kaufmann mit Jesus gleichsetzt, sondern die Perle.
Diese Begründung wird oft nicht gegeben. Sie könnte darin bestehen, dass
die Einleitung "Das Himmelreich gleicht ..." sich auf das gesamte Gleichnis
bezieht, nicht nur direkt auf das Wort, mit dem das Gleichnis beginnt.
Das Gleichnis beginnt jeweils mit dem aktiven Subjekt: Der Schatz lässt sich
finden - der Kaufmann sucht. Das erste Subjekt steht nicht vorne, weil
es mit dem Himmelreich, bzw. Gott gleichzusetzen ist, sondern weil von ihm
die Aktivität ausgeht.
Diese Erklärung kann aber nur dann gültig sein, wenn man
ein anderes Gleichnis findet bei dem auch das einleitende Subjekt nicht mit
dem Himmelreich gleichzusetzen ist und entweder Jesus dieses auslegt, oder
die Auslegung völlig unzweifelhaft so erfolgen muss, weil alles andere
sinnlos wäre. Ein solches Beispiel konnte ich bisher aber nicht finden.
Dieses Gleichnis hat große Ähnlichkeit mit dem Gleichnis vom Unkraut unter
dem Weizen, insbesondere stimmt die Deutung Jesu zum Fischnetz (Mat 13,49) mit
dem letzten Teil der Deutung zum Unkraut (Mat 13,40-42) fast völlig überein.
In beiden Gleichnissen kommt am Ende der Weltzeit / zur Vollendung des Zeitalters (je
nach Übersetzung) das Trennen zwischen Bösen und Gerechten und das Brennen
der Bösen im Feuerofen des Gerichts.
Die Zuhörer werden auch hier herausgefordert darüber nachzudenken, ob sie
zu den Gerechten oder zu den Bösen gehören. Jesus beantwortet diese Frage
hier zunächst auch nicht.
Siehe dazu die Erörterung beim Gleichnis vom Unkraut:
Das Bild und die Vorgänge vor dem Trennen und dem Gericht unterscheiden sich hier
vom Unkraut-Gleichnis. Hier wird also ein anderer Aspekt betont. Jesus
erklärt nicht alle Teile dieses Gleichnisses. Aber sie ergeben sich
recht einfach aus der Deutung Jesu und anderen Bibelstellen:
Die Fische stehen offenbar für die Menschen, die am Ende des Zeitalters getrennt werden (Mat 13,49).
Dass sich im Netz "alle Arten" von Fischen sammeln, deutet darauf hin, dass die Menschen
sehr unterschiedlich sind. Aber bei allen Arten gibt es offenbar sowohl Gerechte, als auch Böse.
Der Vorgang des Fischens mit dem Netz erinnert an Mat 4,17-19 und Mrk 1,14-17 wo Jesus
zu Beginn seines Predigtdienstes, der im Aufruf zur Buße und Einladung zum Reich Gottes besteht,
die Fischer unter seinen Jüngern zur Nachfolge aufruft, um sie zu Menschenfischern zu machen,
d. h. an seiner Verkündigung mitzuwirken.
Das macht plausibel, dass mit dem Vorgang des Fischens im Gleichnis vom Fischnetz auch
die Verkündigung des Evangeliums gemeint ist, die bis zum Endgericht andauern wird.
Es ist beachtlich, dass bei der Evangelisation im Netz des Reiches Gottes sich trotzdem
Böse sammeln, die dann später aussortiert und beseitigt werden müssen.
Mat 13,51-52 Abschluss der Himmelreichgleichnisse - Gleichnis vom Hausvater
Zum Abschluss seiner Belehrungen über das Himmelreich geht Jesus nochmals auf
den richtigen Umgang mit dem Gehörten ein. Er fragt seine Jünger, ob sie alles
verstanden haben. Es kommt Jesus darauf an, dass das Gehörte Frucht bringt (Mat 13,8 / Joh 15,2+16)
im Leben der Zuhörer. Das kann nur geschehen, wenn sie die Botschaft verstanden haben.
Und dann folgt eine der wenigen Stellen, wo Jesus positiv über Schriftgelehrte
spricht. Aber er meint hier nicht die überheblichen Heuchler unter ihnen, mit denen
er sonst meist zu tun hatte, sondern solche die "Jünger des Himmelreichs geworden" sind.
Also solche, die die damalige heilige Schrift, das Alte Testament, studieren und
lehren und dies unter Einbeziehung der Lehre Jesu vom Himmelreich tun. Jesus fügt
dem Alten Testament die neue Lehre vom Himmelreich hinzu. Beides gehört zusammen.
Die Heilige Schrift, sowohl das Alte als auch das Neue Testament ist ein Schatz,
aus dem immer wieder etwas hervorgeholt und weitergegeben werden soll.
Ein guter Hausvater versorgt seine Familie regelmäßig damit.