Matthäus

Mat 1 - 2   Ursprung Jesu - Geburt und Kindheit

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Mat 1,1-17   Der Stammbaum Jesu

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Worauf der Stammbaum hinweist

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Der Titel in Vers 1 gibt an, was mit der Angabe des Stammbaums Jesu deutlich werden soll:

Jesus ist Sohn Davids: Der Messias musste laut Verheißung ein Sohn Davids sein (1Chr 17,11-14 ). Jesus erfüllt diese Voraussetzung.
Er ist Sohn Abrahams: Abraham ist der Stammvater Israels und besonderes Vorbild des Glaubens und Gehorsams. Gott wollte durch ihn alle Völker segnen (1Mo 12,1-3  / 1Mo 22,15-18 ). Dieser Segen wird jetzt dadurch, dass der Messias von Abraham abstammt, zu seinem Höhepunkt gebracht.

Die Anzahl Generationen von Abraham bis zum Christus sind 3 x 14 (Mat 1,17 ) = 3 x 2 x 7. Diese Zahlen haben folgende allgemeine Bedeutungen (siehe F. Rienecker (Hrsg.): Lexikon zur Bibel):

3:Göttliche Eigenschaften und Dinge sind häufig dreigliedrig.
2:Kleinste Gemeinschaft, Trennung, Entscheidung. Vor Gericht waren mindestens zwei Zeugen nötig (5Mo 19,15 ).
7:Abgeschlossenes, erfülltes Ganzes in Vollkommenheit, meist von Gott gesetzt.

Damit drückt der Stammbaum aus, dass die Geschichte Israels von Gott vollkommen geplant ist und mit der Geburt des Christus zu ihrem Höhepunkt kommt. Gleichzeitig erinnert Matthäus aber auch an die Schattenseiten der Geschichte Israels: Den allmählichen Niedergang des Glaubens und des Königtums bis hin zur babylonischen Gefangenschaft (Mat 1,17 ), nach der es kein Königtum mehr gab, sondern die Juden fast permanent unter Fremdherrschaft standen.

Die Nennung von Frauen war in Stammbäumen nur zur Erklärung von Unregelmäßigkeiten üblich. Hier jedoch gibt es keine Unregelmäßigkeiten, sondern die ersten vier Frauen weisen auf Sünde hin:

1.Tamar: Sie verführte Juda zur Hurerei, um von ihm Nachkommen zu bekommen, weil er ihr seinen Sohn zur Schwagerehe verweigerte. Sie wurde deswegen nicht bestraft, weil Juda der eigentlich Schuldige war (1Mo 38,6-26 ).
2.Rahab: Eine heidnische Prostituierte, die aber an Gott glaubte und daher Israel wohlgesonnen war. Sie wurde bei der Eroberung Jerichos als einzige verschont (Jos 2,1-24 ).
3.Rut: Ebenfalls eine Heidin, die aus Liebe und Mitleid mit ihrer israelischen Schwiegermutter nach Israel kam und Jahwe zu ihrem Gott machte. Sie wird dort von ihrem Witwenschicksal erlöst und wird die Frau eines angesehenen, wohlhabenden Mannes. Eigentlich stand sie als Moabiterin unter Gottes Fluch (5Mo 23,4-7 ). Dass sie von dem wohlhabenden Boas geheiratet wurde und nun im Stammbaum Jesu steht, ist besondere Gnade, die ihr aufgrund ihres Glaubens zuteil wurde (Rut 1,16 ).
4.Die Frau des Uria: David beging Ehebruch mit ihr, wie die Nennung ihres ursprünglichen Mannes schon deutlich macht. Ihr Sohn Salomo wurde der Thronfolger, baute den ersten Tempel und war der mächtigste König Israels, obwohl er nicht der erstgeborene Sohn Davids war.

Dies zeigt, dass Jesus in die Welt der Sünde hineingeboren wurde, die dringend Rettung braucht und deutet gleichzeitig die Gnade an, die er bringen wird, und die sich schon darin zeigt, dass diese Personen im Stammbaum des Messias vorkommen, obwohl sie als Sünder und teilweise Nichtjuden dazu eigentlich kein Recht hatten. Dass Jesus Nachkomme sündiger Menschen ist, bringt ihn in den Bereich der Sünde. Der Stammbaum zeigt also auch schon, dass Jesus für uns "zur Sünde gemacht" wird (2Ko 5,21 ).

Fragen, die sich aus dem Stammbaum ergeben

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Lücken im Stammbaum

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In Mat 1,17  wird beschrieben, dass der Stammbaum von Abraham (ca. 1800 v. Chr.) bis David (ca. 1000 v. Chr.), von David bis zur babylonischen Gefangenschaft (586 v. Chr.) und von da bis zu Christus (vor 4 v. Chr.) je 14 Glieder sind.

Wenn man den Stammbaum mit den Stammbäumen im AT vergleicht, die zumindest bis zur babylonischen Gefangenschaft und kurz danach vorhanden sind, stellt man fest, dass Matthäus einige Generationen weggelassen hat. Offenbar kam es ihm nicht auf Vollständigkeit an, sondern darauf, die wichtigen und bekannten Personen zu nennen und in der Liste die symbolischen Zahlen (3 x 2 x 7) zu erreichen. Möglicherweise sollten die 3 gleichgroßen Listen auch besser merkbar sein.

Unterschiede zum Stammbaum in Lukas 3,23-38 

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Die Stammbäume von Matthäus und Lukas unterscheiden sich in folgenden Punkten:

Matthäus beginnt bei Abraham, Lukas bei Adam
Matthäus beginnt mit den Vätern, während Lukas von Jesus ausgehend rückwärts durch die Generationen geht
Nach David gehen die Stammbäume auseinander: Während die Linie bei Matthäus den jeweiligen Königen im Südreich Juda folgt bis das Königtum mit der babylonischen Gefangenschaft endet, geht es bei Lukas nach David über andere seiner Nachkommen, die keine Könige waren.

Die Unterschiede können teilweise durch die unterschiedlichen Adressaten der Evangelisten erklärt werden. Die Zielgruppe von Matthäus sind Juden. Für sie war das Alte Testament mit seinen Prophezeiungen über den Messias die Richtlinie für jeden, der den Anspruch erhob dieser Messias zu sein. Der Messias musste von David abstammen und ist als König verheißen (Sach 9,9  / Jes 9,5-6  / Jer 23,5 ). Deshalb beginnt Matthäus mit dem Stammbaum und dort als erstes mit dem König David. Er wählt den Stammbaum Josefs, da dieser von den Königen nach David abstammte. Zwar war Josef nicht der leibliche Vater, aber dadurch, dass er Maria geheiratet hat und Jesus in der Ehe zur Welt kam, galt er rechtlich als Vater (Mat 1,24 ). Matthäus betont diese Verhältnisse, indem er im Stammbaum jeweils das Wort "zeugte" benutzt, um die Vaterschaft deutlich zu machen. Bei Josef jedoch endet das "zeugte". Er wird nur noch als Mann der Maria, von der Jesus geboren wurde, genannt.

Die Zielgruppe von Lukas sind die von der griechischen Kultur geprägten Nichtjuden. Für sie hatten Stammbäume keine so große Bedeutung. Daher beginnt Lukas auch nicht damit, sondern mit Jesu besonderer Geburt. Er stellt Jesus als den vollkommenen Menschen Gottes dar. Deshalb verfolgt er den Stammbaum bis zu Adam, dem ersten Menschen. Auch Lukas nennt Josef als den rechtlichen Vater Jesu. Allerdings benutzt er nicht das Wort zeugen, sondern formuliert nur so, dass Jesus ein Sohn (Nachkomme) aller genannten Vorfahren ist ("er war, wie man meinte, ein Sohn Josefs, des Eli, des ..., des ..."). Auch wenn man die Reihe so verstehen will, dass Josef ein Sohn Elis war, dann kann er hier auch sein Schwiegersohn sein. Daher wird von den meisten Kommentatoren angenommen, dass Lukas den Stammbaum Marias nennt, d.h. seinen biologischen, während Matthäus seinen juristischen vorstellt. Aber Lukas folgt der antiken Tradition, dass er keine Frauen im Stammbaum nennt, auch nicht Maria.

In der Kommentarliteratur wird übrigens erwähnt, dass auch von den frühen Feinden und Kritikern des Christentums keine Schriften bekannt sind, in denen sie die unterschiedlichen Stammbäume bei Matthäus und Lukas zum Anlass nehmen, den christlichen Glauben anzugreifen. Offenbar waren die Stammbäume aus damaliger Sicht nicht anfechtbar.

Mat 1,18-25   Die Geburt Jesu

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28.12.95

Das Verlobungsverhältnis galt rechtlich schon als Ehe. Geschlechtsverkehr mit anderen Männern war für eine Frau Ehebruch und konnte entsprechend dem Gesetz mit dem Tod durch Steinigung bestraft werden. Allerdings war die Todesstrafe den Juden durch die Römer verboten. So blieb als Strafe meist die Ehebrecherin und den Ehebrecher öffentlich an den Pranger zu stellen und natürlich die Auflösung der Verlobung.

Joseph will Maria zwar nicht öffentlich zur Schau stellen, aber als gesetzestreuer Mann darf er keine Ehebrecherin heiraten und will sie daher mit einem Scheidebrief entlassen.

In dieser für Maria aussichtslosen Situation greift Gott selbst ein und erklärt Joseph die Schwangerschaft Marias durch einen Engel. Er fordert Joseph auf, Maria zu heiraten und das Kind rechtlich als Sohn anzunehmen (Namensgebung). Der Name, den Joseph dem Kind geben soll, deutet auf seine Bestimmung hin: Jesus = Jahwe ist Hilfe, Heil, Rettung.

Der Name entspricht dem hebräischen Jehoschua (Josua). Zwei bekannte Männer aus der Geschichte Israels trugen diesen Namen:

1.Der Heerführer Israels bei der Einnahme des verheißenen Landes (Jos 1,1-9 ) und Nachfolger Moses.
2.Der Hohepriester nach dem babylonischen Exil, als der Tempel wieder aufgebaut wurde (Hag 1,1-14 ). Der Prophet Sacharja hatte eine Vision, in der der Hohepriester Josua sündenbefleckt vor dem HERRN stand und von Satan verklagt wurde. Der Engel des HERRN befreit ihn von der Sünde. Josua ist ein Zeichen, dass der Knecht Gottes, der "Spross" (Jer 23,5-6  / Jer 33,14-16 ) kommen wird, und die Sünde des Volkes beseitigt wird (Sach 3,1-9 ). Dieser "Spross" wird den Tempel des HERRN bauen und König sein (Sach 6,9-15 ).

Diese beiden Personen deuten auf Eigenschaften Jesu als Messias hin:

Er führt die Gläubigen in das verheißene Land des ewigen Lebens.
Er ist der Priester, der von Sünde befreit, und König. Er ist der "Spross", der Sohn Davids, auf den die Erscheinung des Hohepriesters Josua in der Vision Sacharjas hinwies.

Für Joseph wird Maria durch die Mitteilung des Engels schlagartig von einer schlimmen Sünderin zu einer geheiligten Auserwählten Gottes, der die höchste Ehre zuteil wird, den Messias zur Welt bringen zu dürfen. Dies ist bereits eine Andeutung für das, was Jesus für die tun wird, die an ihn glauben werden: Beseitigung ihrer Schuld und Heiligung (Eph 2,1-6  / 1Pt 2,9-10 ).

Joseph hatte mit Maria bis zur Geburt Jesu keinen Geschlechtsverkehr. Der Grund dafür wird nicht genannt. Es könnte sein, dass sie die Verheißung aus Jes 7,14  ganz erfüllen wollten: "Eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären..." könnte bedeuten, dass sie auch noch bei der Geburt Jungfrau ist.

Mat 2,1-23   Die Astrologen aus dem Osten und der Kindermord des Herodes

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Gott offenbart sich hier Heiden über ihre eigentlich falschen religiösen Praktiken. Astrologie war Israel verboten:

Bannsprüche, Zauberei, Sternebeschauer können nicht helfenJes 47,7-15 
Ihr sollt euch vor Zeichen des Himmels nicht fürchten wie HeidenJer 10,1-2 

Dass Gott diesen Heiden hier trotzdem ausnahmsweise Erkenntnis über die Geburt Jesu schenkt, deutet an, dass Jesu Geburt auch für die Heiden entscheidende Bedeutung haben wird (vgl. Jes 42,1-7  / Jes 49,1-6 ).

Offensichtlich war der Besuch dieser östlichen Astrologen erst bis zu zwei Jahre nach der Geburt Jesu (vgl. Vers 16). Maria und Joseph hatten mittlerweile ein Haus als Bleibe gefunden (Vers 11).

Die fremden Männer werden zunächst sehr enttäuscht. Der neue König scheint nicht bekannt zu sein. Mit gemischten Gefühlen und Zweifeln werden sie nach Bethlehem gegangen sein. Umso größer dann die Freude, als der Stern sie weiter leitete und sie das Kind tatsächlich fanden. Es kann sich hier nicht um einen normalen Stern gehandelt haben, denn ein solcher kann aufgrund seiner weiten Entfernung nicht zu einem bestimmten Ort innerhalb eines Landes oder gar zu einem Haus führen. Daher müssen wir hier von einem wunderbaren Phänomen ausgehen.

Die religiösen Leiter Israels nehmen die Heiden scheinbar nicht ernst, sonst wären sie wohl mit nach Bethlehem gegangen. Vielleicht hatten sie aber auch Angst vor Herodes.

Gott offenbart sich manchmal auch Menschen, die ihm eigentlich fern stehen. Manchmal verstehen diese durch ihr pragmatisches und naives Verständnis mehr von geistlicher Wahrheit als fromme Menschen, die durch vermeintliches Wissen und Selbstgerechtigkeit blind sind. (vgl. Luk 18,9-14  / Mat 11,25  / 1Ko 1,26-29 )

Die Geschenke, die die Besucher mitbringen, sind kostbar. Diese Begebenheit könnte eine Teilerfüllung einer Prophezeiung aus Jesaja sein:

Heiden ziehen zu deinem Licht; Reichtum kommt zu dir, Gold, WeihrauchJes 60,1+6 

Die Kirchenväter verstehen die Geschenke als Symbole der Stellung und Tätigkeit Jesu:

Gold = König
Weihrauch = anbetungswürdiger Gott: Weihrauch wurde bei Opfern verwendet
Myrrhe = Erlöser, der den Kreuzestod stirbt: Wein mit Myrrhe wurde bei der Kreuzigung als Betäubungsmittel verabreicht (Mrk 15,23 ). Myrrhe ist ein wohlriechendes Harz, das bei der Zubereitung von Salben verwendet wurde.

Der machtgierige Herodes hatte von vornherein vor, das Kind umzubringen. Dass er sich damit offen gegen Gott stellt, weil der dessen lange verheißenen Messias umbringen will, scheint ihm egal zu sein.

Zur Rettung Jesu greift Gott zweimal durch übernatürliche Mitteilungen an Joseph ein. Es ist hier besonders unverständlich, warum Gott nicht die Ermordung der vielen unschuldigen Kinder verhindert, anstatt nur Jesus zu retten. Aber Gott hindert auch sonst normalerweise Menschen nicht daran Bosheiten zu tun, auch dann nicht, wenn andere darunter leiden.

Gott setzt seine Pläne durch, auch wenn mächtige Menschen das zu verhindern suchen. Die Methoden, die Er dafür wählt, sind oft nicht die, die uns Menschen am vernünftigsten erscheinen und nehmen nicht unbedingt Rücksicht auf menschliche Interessen.

In Vers 23 wird eine Prophetie zitiert, die im Alten Testament so nicht zu finden ist. Es ist entweder ein Zitat aus einer verlorengegangenen Schrift oder bezieht sich vielleicht auf Jes 11,1 : "Spross" heißt auf Hebräisch "nezär".




Kommentar zum Matthäus-EvangeliumRoland Hofmann