Mat 20,29 - 23,39   Taten Jesu um und in Jerusalem

» Matthäus

Mat 20,29-34   Heilung zweier Blinder in Jericho

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Die Blinden

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Die Blinden haben offensichtlich von Jesus gehört und halten ihn für den Messias (Sohn Davids). Sie trauen ihm das Unmögliche zu. Für sie ist das eine einzigartige Gelegenheit, von der Blindheit und all ihren sozialen Folgen (Armut, Isolierung) befreit zu werden. Danach sehnen sie sich so sehr, dass sie sich nicht einschüchtern lassen und nicht aufgeben, bis Jesus sich ihnen zuwendet.

Das neue Leben, das sie durch die Heilung bekommen, stellen sie sofort Gott zur Verfügung, indem sie Jesus nachfolgen. Sie sind in ihrem Glauben und ihrer Beharrlichkeit Vorbilder.

Die Volksmenge

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Die Volksmenge fühlt sich durch das Geschrei der Blinden gestört im Lauschen auf Jesu Reden oder vielleicht in den Diskussionen über ihn. Die Not der Blinden interessiert sie nicht. Sie haben kein Verständnis für deren Hilferufe. Ihre Herzen sind den Blinden gegenüber kalt und egoistisch.

Jesus

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Jesus überhört die Hilferufe nicht. Er wendet sich den Armseligen zu und unterbricht dafür die Belehrungen seiner Jünger oder seine engagierten Gespräche. Die Not anderer Menschen lässt ihn nicht kalt. Er wurde "innerlich bewegt". Hier zeigt sich seine Einstellung als Diener (vgl. Mat 20,28 ).

Fragen

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Unterschiede in den Parallelstellen Mrk 10,46-52  und Luk 18,35-43 

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Gemeinsamkeiten:

Zusammenhang: Nach der 3. Leidensankündigung und unmittelbar vor dem Einzug in Jerusalem
Nähe Jericho
Blinde erkundigen sich, rufen Jesus als Sohn Davids um Hilfe
Volksmenge will sie zum Schweigen bringen
Jesus hält an und lässt Blinde zu sich bringen
Jesus fragt, was er tun soll
Blinde wollen sehend werden
Jesus heilt umgehend
Blinder folgt Jesus nach

Unterschiede:

Mat zwei Blinde, Mrk+Luk nur ein Blinder, bei Mrk sogar mit Namen genannt
Mat+Mrk: Als sie von Jericho auszogen, Luk: Als er sich Jericho näherte
Mat: Heilung durch Anrühren der Augen, Mrk+Luk: Jesus sprach: "Geh hin/Sei sehend! Dein Glaube hat dich geheilt."

Zunächst stellt sich wegen der Unterschiede die Frage, ob es sich um das gleiche Ereignis handelt, das hier in den drei Evangelien berichtet wird. Solche Unterschiede könnten grundsätzlich auch dadurch erklärt werden, dass es sich um verschiedene Ereignisse handelte. Bei der Vielzahl der Gemeinsamkeiten hier, insbesondere bei Ort, Zeit und Dialogen, müssen wir aber wohl davon ausgehen, dass es sich in allen drei Evangelien um dasselbe Ereignis handelt.

Der Unterschied bei der Zahl der Blinden muss kein Widerspruch sein. Möglicherweise wird in Mrk und Luk nur der Wortführer der beiden erwähnt. Möglicherweise war er zur Zeit als Mrk verfasst wurde, den Lesern bekannt und wird deshalb dort mit Namen genannt.

Die Unterschiede bei der Art der Heilung sind auch kein Widerspruch. Jesus kann beides gleichzeitig getan haben, wovon jeweils nur eine Handlung erwähnt wird. Am schwierigsten ist der Unterschied beim Ort, einmal beim Eingang, zweimal beim Ausgang aus Jericho. Eine Erklärung ist, dass "als er sich Jericho näherte" auch übersetzt werden kann mit "als er sich in der Nähe von Jericho befand". Aber unter ca. 20 Übersetzungen verschiedener Sprachen habe ich nur eine Übersetzung gefunden, die das so ähnlich wiedergibt. Die meisten Übersetzer teilen diese Meinung also nicht. Es gibt auch die Deutung, dass das Ereignis sich zwischen einem alten und einem neuen Stadtteil von Jericho abgespielt haben könnte. Aber ob diese so getrennt waren, dass für den Weg dazwischen eine solche Wortwahl in Frage kam, ist zu bezweifeln, so dass diese Deutung nicht überzeugt. Die Frage nach dem genauen Ort des Ereignisses bleibt damit leider offen, es sei denn, man geht doch von zwei verschiedenen Ereignissen aus.

Warum wird dieses Ereignis hier berichtet?

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Es gibt viele Berichte von Heilungen. Die letzten Kapitel des Matthäus-Evangeliums legten aber den Schwerpunkt auf Lehren für die Jünger. Die letzte Heilung wurde in Mat 17,14-20  berichtet. Warum wird diese Heilung nun hier erwähnt?

Es fällt auf, dass sowohl hier in Mat 20,30 , als auch im nächsten Abschnitt, beim Einzug in Jerusalem in Mat 21,9 , der Messiastitel "Sohn Davids" vorkommt. Es geht also jetzt auf den Höhepunkt zu, wo es zur Entscheidung kommt, ob Jesus als Messias anerkannt wird und was man vom Messias erwartet. Die Blinden hier und einige der Leute, die Jesus beim Einzug in Jerusalem folgen, sehen ihn als den Messias an und trauen ihm deshalb viel zu.

Warum stellt Jesus die Frage: "Was wollt ihr ...?"

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Natürlich wusste Jesus vorher, was sie wollten. Möglicherweise war ihnen ihre Absicht, mit der sie nach Jesus riefen, selbst noch nicht ganz klar. Sie glaubten vielleicht an Jesus als Messias, waren aber noch nicht sicher, ob sie deshalb eine Heilung erwarten konnten. Normalerweise bettelten Behinderte am Weg um Almosen, da sie aufgrund ihrer Behinderung ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen konnten und es auch keine staatlich organisierte Sozialunterstützung gab. Jesus wollte sie herausfordern sich über ihren Glauben klar zu werden, indem sie ihn verbal formulieren. Die Frage Jesu erinnert auch an die Tatsache, dass Gott trotz seiner Allwissenheit zum Gebet auffordert (vgl. Mat 6,7-13 ).

Was bedeutet die Art der Heilung?

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Von Jesus als Person geht heilende Kraft aus (vgl. Mrk 5,25-30 ). Er muss nicht erst wie ein Arzt aufwändige Behandlungen durchführen, sondern heilt sofort vollständig durch eine einfache, kurze Berührung.

Mat 21,1-11   Jesu Einzug in Jerusalem

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Mat 21,1-7  Erfüllung der Prophzeihung aus Sach 9,9 

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Jesus als demütiger König

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Jesus erfüllt die Prophezeihung aus Sach 9,9  und leiht sich dazu einen Esel. Dabei gibt er in seiner Allwissenheit den Jüngern Anweisungen, wie sie den Esel besorgen können, und seine Vorhersage trifft ein. Es gibt noch weitere derartige exakt zutreffende Vorhersagen Jesu (vgl. Mat 17,27  / Mrk 14,13-16 ).

Jesus reitet dann auf dem Fohlen (vgl. Mrk 11,7  / Lk 19,35 ), nicht auf dem ausgewachsenen Muttertier, das ebenfalls mitgebracht wird, vielleicht damit es nicht unruhig wird, wenn ihm sein Fohlen weggenommen wird.

Jesus präsentiert sich damit als außergewöhnlicher König: Er reitet nicht auf einem Pferd (Zeichen der Macht), sondern auf einem Esel (Lasttier der gewöhnlichen Leute), noch dazu auf einem kleinen, der ihm nicht einmal gehört. In Sach 9,9  wird er als demütig bezeichnet (vgl. Mat 11,29 ).

Schlussfolgerung: Es passt nicht zum Evangelium, sich als Christ, christliche Gemeinde oder christliche Organisation mit Macht und großer Schau zu präsentieren, sondern mit Bescheidenheit und Sanftmut aufzutreten. Das macht auch der Abschnitt über die Bitte der Mutter der Söhne des Zebedäus kurz vorher deutlich (Mat 20,20-28 ).

Bereitschaft sein Eigentum Gott zur Verfügung zu stellen

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Der Besitzer der Esel war offensichtlich sofort bereit, sie dem Herrn zur Verfügung zu stellen, als der Herr sie braucht. Das betonen die anderen Evangelien (Mrk 11,5-6  / Luk 19,33-35 ).

Schlussfolgerung: Unser Besitz ist uns im Grunde von Gott zur Verfügung gestellt. Daher sollte es selbstverständlich sein, diesen auch ihm zu geben, wenn es erforderlich ist.

Warum zwei Esel?

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Nur in Matthäus ist von zwei Eseln (Eselin und ihr Fohlen) die Rede. Die anderen Evangelien erwähnen nur einen.

Es ist aber nicht davon auszugehen, dass in Sach 9,9  tatsächlich zwei Esel gemeint sind. Die zwei Teilsätze "auf einem Esel reitend" und "auf einem Fohlen, einem Jungen der Eselin" bilden einen, in der hebräischen Poesie häufigen, synonym-synthetischen Parallelismus (z.B. sehr oft in den Psalmen und Spüchen), wobei die Aussage des ersten Teils durch den zweiten wiederholt und präzisiert wird. Deswegen fügt die Elberfelder Übersetzung die Worte "und zwar" zwischen den beiden Teilen ein. In einigen Übersetzungen werden die beiden Teilsätze allerdings mit "und" verbunden, was schon eher den Eindruck von zwei Eseln vermittelt.

Möglicherweise erwähnt Matthäus, dem die Prophezeiungen aus dem AT für seine jüdischen Leser immer sehr wichtig sind, das Muttertier um deutlich zu machen, dass Jesus auf dem Fohlen ritt und damit die Prophezeiung von Sach 9,9  exakt erfüllt wurde.

Mat 21,7-12  Huldigung durch die Jünger und das Volk

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Hosanna ist hebräisch und bedeutet "Rette doch", "Hilf doch". Das Gefolge von Jesus ruft: "Hosanna dem Sohn Davids! Gepriesen, der da kommt im Namen des Herrn!". Dies ist ein Zitat aus Psalm 118,25-26 : "Ach, HERR, hilf doch! Ach, HERR, gib doch Gelingen! Gesegnet sei, der kommt im Namen des HERRN. ..."

Mit den Kleidern, Zweigen, "Hosanna", "Gepriesen sei der kommt im Namen des Herrn" und "Sohn Davids" verehren sie Jesus als Messias.

Aber die Auffassungen der Volksmenge von Jesus sind offenbar nicht einheitlich. Einige sehen ihn nur als "Prophet Jesus von Nazaret in Galiläa", also als jemand aus der unbedeutenden Provinz, von woher der Messias nicht zu erwarten war (vgl. Joh 1,45-46 ).

Mat 21,12-16   Erste Taten Jesu im Tempel

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Reihenfolge der Ereignisse

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Die ersten Ereignisse nach Jesu Einzug in Jerusalem werden von den Evangelien in unterschiedlicher Reihenfolge berichtet:

Mat 21,12-27 
Tempelreinigung
Übernachtung in Betanien
Verfluchung des Feigenbaums und Belehrung der Jünger dazu
Frage nach der Vollmacht Jesu
Mrk 11,11-33 
Besichtigung des Tempels
Übernachtung in Betanien
Verfluchung des Feigenbaums
Tempelreinigung
Erneute Übernachtung außerhalb
Belehrung der Jünger zum verdorrten Feigenbaum
Frage nach der Vollmacht Jesu
Luk 19,45 - 20,8 
Tempelreinigung
Frage nach der Vollmacht Jesu

Bei Johannes wird von diesen Ereignissen nur der Einzug in Jerusalem erwähnt (Joh 12,12-16 ). Eine Tempelreinigung erwähnt er nur bei einem sehr frühen Besuch in Jerusalem (Joh 2,13-22 ).

Die genaue zeitliche Reihenfolge hat wahrscheinlich Markus, der die meisten Details nennt, während Matthäus die Verfluchung des Feigenbaums und die damit zusammenhängende Belehrung der Jünger am folgenden Tag offensichtlich zu einem einzigen Ereignis zusammenfasst. Markus macht auch genauere Zeitangaben: "Und als er umhergeblickt hatte, ging er, da es schon spät war, nach Betanien" (Mrk 11,11 ); "... am folgenden Tag ..." (Mrk 11,12 ). Matthäus hingegen leitet die Ereignisse meist mit "Und ..." oder "Morgens früh ..." ein, was nicht unbedingt eine zeitliche Reihenfolge darstellt.

Mat 21,12-13   Tempelreinigung: Jesus vertreibt die Händler

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Im Tempel wurden Opfertiere verkauft (z.B. Tauben: 3Mo 1,2+14  / 3Mo 5,5-7  / 3Mo 14,19-22  / 3Mo 15,13-15 ). Für freiwillige Gaben und die Tempelsteuer musste Geld gewechselt werden, weil der Tempel seine eigene Währung hatte. Beim Wechseln wurde auch Gewinn gemacht.

Gegen das Verkaufen von Opfertieren und anderen Dingen, die weit gereiste Pilger benötigten, ist nichts einzuwenden (5Mo 14,22-26 ). Nur muss das nicht im Tempelbezirk stattfinden.

Jesus verhält sich im Tempel wie der Hausherr. Dies ist die einzige Situation, von der berichtet wird, dass Jesus gewalttätig geworden ist. Das zeigt wie wichtig ihm die Heiligung des Hauses Gottes ist. Dies fiel bei der früheren Tempelreinigung auch den Jüngern besonders auf (Joh 2,17 ). Jesus zitiert Jes 56,6-7 , wo beachtlicherweise der Tempel ein Bethaus sogar für alle Völker, d.h. auch die Nichtjuden, genannt wird. Auch das Wort von der Räuberhöhle ist ein Zitat, und zwar aus Jer 7,11 . In den Versen davor verurteilt Gott die Unmoral des Volkes (stehlen, morden, Ehebruch, falsch schwören, Götzendienst), während es gleichzeitig den Gottesdienst im Tempel ausübt. Das passt nicht zusammen (Jer 7,1-11 ). Wenn die moralische Integrität fehlt, ist Gottesdienst wertlos (Hos 6,6  / Jak 1,26-27 ).

Die Tatsache, dass Jesus das Zitat von der Räuberhöhle bringt, lässt darauf schließen, dass der Kaufhausbetrieb im Tempel Ausdruck mangelnden Respekts vor Gott und von Sünde war, insbesondere wohl von Habgier. Möglicherweise kann man daraus schließen, dass die Preise für Geldwechsel und Opfertiere überhöht waren und deshalb als Beraubung derjenigen angesehen werden konnten, die auf die verkauften Waren angewiesen waren.

Mat 21,14-16   Jesus begegnet Zuspruch und Kritik im Tempel

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Nachdem Jesus die durch ungerechten Gewinn wohlhabenden Leute vertrieben hatte, kamen diejenigen zu ihm, die sich die verkauften Waren nicht leisten konnten und aufgrund ihrer Behinderungen als von Gott gestraft und ausgeschlossen galten. Diese gesellschaftlich Benachteiligten nimmt Jesus an und erweist ihnen Barmherzigkeit. Er heilt sie und ermöglicht ihnen dadurch wieder die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und Gottesdienst und den Erwerb ihres Lebensunterhalts. Mit einiger Wahrscheinlichkeit hat auch Sündenvergebung oder Befreiung von Schuldgefühlen stattgefunden (vgl. Mat 9,5-8  / Joh 9,1-3 ). Dies ist das letzte Mal, dass Matthäus von Heilungswundern berichtet.

Während solche offensichtlichen Zeichen des Messias (Jes 35,4-6 ) früher noch Beobachter zur Verherrlichung Gottes führten (Mat 9,6-8  / Mat 15,30-31 ), wird diese Wirkung nun nur noch bei Kindern erzielt, die ihre unvoreingenommene Begeisterung lauthals durch Nennung des Messiastitels "Sohn Davids" zum Ausdruck bringen (vgl. Mat 21,9 ). Sie waren offenbar gut unterrichtet, was die zukünftige Hoffnung Israels angeht. Vielleicht haben sie nicht voll verstanden, was das bedeutet, aber indem Jesus Psalm 8,3  zitiert, macht er klar, dass Gott sie dazu bewegt hat.

Die ungläubigen religiösen Führer halten das für unangemessen und fordern Jesus auf, den Kindern ihren Irrtum zu erklären und sie damit zum Schweigen zu bringen (vgl. Luk 19,37-40 ). Aber Jesus tut das Gegenteil: Er wirft diesen Theologen vor, die Heilige Schrift nicht richtig gelesen zu haben und weist darauf hin, dass sich durch das Verhalten der Kinder eine messianische Prophezeiung in Psm 8,3  erfüllt. Dort beziehen sich die Worte aus dem Mund der Kinder und Säuglinge sogar auf den Gottesnamen Jahwe (in vielen Übersetzungen mit HERR wiedergegeben). Indem Jesus diese Aussage aus dem Psalm auf sich bezieht, akzeptiert er nicht nur die ihm entgegengebrachte Verehrung als Messias, sondern setzt sich sogar mit Gott gleich.

Matthäus zitiert Psm 8,3  nach der Septuaginta. Dort steht: "... hast du dir Lob bereitet ...". So steht es auch in der Vulgata. Der hebräische Text hat hier ein Wort das Macht, Stärke, Festung, Bollwerk bedeutet. Aber auch das kommt in Psm 8,3  aus dem Mund der Kinder, kann also nur im übertragenen Sinn gemeint sein. Entsprechend unterscheiden sich die verschiedenen Übersetzungen in Psm 8,3 . Manche haben die hebräische Originalbedeutung, andere "Lob". Manche kommunikativen Übersetzungen verbinden beides.

Möglicherweise musste Jesus dann schnell den Ort verlassen, sonst hätten ihn die religiösen Führer vielleicht gleich gelyncht (Mat 21,17 ). Am nächsten Tag dann gehen diese allerdings besonnener vor und verhören ihn erst einmal (Mat 21,23 ). Denn sie dürfen unter der römischen Regierung offiziell keine Todesstrafen vollstrecken (Joh 18,31  / Mat 26,3-5 ).

Wiederholt wird in diesem Abschnitt also die Frage thematisiert wer Jesus ist. Diese Frage muss auch heute jeder Leser des Evangeliums für sich beantworten und die Konsequenzen daraus ziehen.

Die Verachteten und Geringen erkennen Jesus als Messias, aber die theologisch Gebildeten und Geachteten lehnen ihn ab. Dies wiederholt sich offenbar immer wieder und entspricht auch später den Erfahrungen, wie Paulus in 1Ko 1,18-31  ausführlich darstellt.

Mat 21,17-22   Der verdorrte Feigenbaum und das Glaubensgebet

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12/2019

Jesus übernachtete außerhalb von Jerusalem in Betanien, wahrscheinlich weil wegen der vielen Pilger, die zum Passahfest gekommen waren, kein Platz in den Herbergen war. Er hatte ja Freunde in Betanien, bei denen er wahrscheinlich übernachtete (Joh 11,1-5  / Joh 12,1-2 ).

Matthäus fasst die Verfluchung des Feigenbaums und die Reaktion und Belehrung der Jünger zu einem Ereignis zusammen. Markus geht mehr ins Detail und beschreibt, dass das Verdorren des Feigenbaums von den Jüngern erst am nächsten Tag bemerkt wurde, woraufhin Jesus seine Erklärung dazu gibt. Außerdem ergänzt Markus, dass zu der Jahreszeit gar keine Feigen zu erwarten waren. (Mrk 11,12-14  / Mrk 11,20-25 )

Dieser Abschnitt wirft viele Fragen auf:

Warum erwartet Jesus Feigen, obwohl er von der Jahreszeit her damit nicht rechnen konnte?

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Eine mögliche Erklärung wäre die, dass Jesus dieses Suchen nach Früchten als Symbol demonstrieren will. Die symbolische Handlung kann unabhängig davon sein, ob gerade Erntezeit für Feigen ist, oder nicht. Vor und nach der Feigenbaumaktion ist er mit den ablehnenden Führern des Volkes konfrontiert. An anderer Stelle benutzt er auch den Feigenbaum als Gleichnis für den geistlichen Zustand des Volkes (Luk 13,6-9  / vgl. Joel 1,6-7 )

Warum verflucht und zerstört er den Feigenbaum?

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Jesus tut hier vor seinen Jüngern sein einziges Gerichtswunder. Da er aber einen Feigenbaum verflucht, den man nicht für seine fehlenden Früchte verantwortlich machen kann, dürfte diese Handlung wohl symbolischen, belehrenden Charakter haben. Da Jesus in seiner Antwort an die Jünger nicht auf die symbolische Bedeutung, sondern nur auf den übernatürlichen Aspekt dieses Vorgangs und das Gebet eingeht, muss man zur Deutung danach forschen, wie das Bild von der Frucht und Unfruchtbarkeit normalerweise verstanden wurde. Einige Beispiele:

Israel des HERRN Weinberg; wegen schlechter Frucht, lässt Er ihn zerstörenJes 5,1-7 
Israels Götzendienst: Gottes Strafe: Ich veröde Weinstock und FeigenbaumHos 2,8-15 
Israel wie Trauben und Feigen; Wegen Götzendienst verhindert Gott FruchtHos 9,10-17 
Tag des HERRN: Weinstock = Wüste, Feigenbaum zerknickt, verwelktJoel 1,1-15 
Ich ließ ... Feigen von Heuschrecken fressen; dennoch kehrt ihr nicht umAmos 4,9 
Unfruchtbarer Feigenbaum, der abgehauen wird = Tod, wenn fehlende BußeLuk 13,1-9 
Jesus = Weinstock, Jünger = Reben; wenn nicht am W. bleiben, verdorren sieJoh 15,1-8 
Land, das Disteln bringt, ist unbrauchbar, dem Fluch nahe, der VerbrennungHeb 6,4-8 

Früchte sind also normalerweise die guten Taten, die aus dem Glauben oder der Umkehr (Buße) kommen sollen (vgl. Mat 3,8-10  / Luk 3,8-9 ). Die von Gott verursachte Unfähigkeit gute Taten tun zu können, kann Resultat von Gottes Strafe sein, die erfolgt weil der Betroffene zuvor keine guten Taten tun wollte oder sich von Gott abgewandt hat (Röm 1,18-32 , besonders 24,26,28).

Aber in den Stellen oben kommen Feigenbäume auch ohne symbolische Bedeutung vor. Ihre Zerstörung ist einfach Folge von Gottes Gericht und führt zu ensprechendem Mangel an Nahrungsmitteln.

Da dieses Ereignis zwischen zwei Gesprächen mit den Führern und Schriftgelehrten des Volkes berichtet wird, kann man annehmen, dass der Feigenbaum als Symbol auch im Hinblick auf sie gemeint ist. Sie hielten sich für fromm und in Gottes Gunst stehend, aber ihre Frömmigkeit war nur äußerlich (Mat 15,1-9 ): Bäume mit vielen Blättern, aber ohne Früchte (vgl. 2Ti 3,4-5  / Tit 1,16 ). Der Feigenbaum symbolisiert sowohl ihren fruchtlosen Zustand, als auch das Gericht, das sie erwartet.

Es ist fraglich, ob es korrekt ist, in diesem Ereignis eine symbolische Handlung mit einem solchen prophetischem Inhalt zu sehen, weil Jesus selbst diesen Bezug nicht verbal herstellt. Dagegen spricht auch, dass Jesus das Wunder nicht in Gegenwart der kritisierten theologischen Leiter, sondern nur seiner Jünger tut. Man kann es also nur als Warnung an die Jünger verstehen. Aber selbst das ist unwahrscheinlich, weil Jesus keine Ermahnung an seine Jünger ausspricht. Er benutzt nur das Erstaunen der Jünger, um sie über die großartigen Möglichkeiten des gläubigen Gebets zu belehren.

Warum nennt Jesus so ein abwegiges Beispiel eines Gebets wie das Versetzen eines Berges?

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Einige Ausleger sehen den Berg Zion als Sybmol für Israel und das Meer als die nichtjüdischen Nationen und somit das Werfen des Berges ins Meer als Prophezeiung für die Zerstörung Jerusalems durch die Römer und die anschließende Zerstreuung der Juden unter die Völker.

Diese Interpretation ist allerdings sehr spekulativ und damit abzulehnen, da Jesus selbst keinerlei Andeutung in diese Richtung macht. Er geht lediglich auf die Bedeutung für das gläubige Gebet ein.

Das abwegige Beispiel des Berges benutzt Jesus bereits in Mat 17,20 .

Siehe dazu:Was ist der richtige Glaube?
Können wir wirklich mit der Erfüllung all dessen rechnen, was wir begehren? (Mat 21,22 )

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Die Betonung liegt hier auf dem Glauben: "was immer ihr im Gebet glaubend begehrt ..." Glaube ist in der Bibel nicht nur ein Für-wahr-Halten, sondern umfasst auch die Treue und den richtigen Respekt vor Gott. Somit bestimmt der richtige Glaube auch den Inhalt des Gebets in Gottes Sinn, nicht im Sinn der menschlichen Selbstsucht. Darum ist diese Aussage Jesu über die Gebetserhörung nicht bedingungslos, sondern passt zu allen anderen Aussagen der Bibel über Gebetserhörung, die auch Bedinungen nennen.

Siehe dazu folgende Bibelstellensammlungen:
Das Wesen biblischen Glaubens http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/c0007_das_wesen_bi.htm
Bedingungen für erfolgreiches Gebet http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/f0102_bedingungen_.htm

Es wird auch die Meinung vertreten, dass diese Verheißung Jesu sich an den begrenzten Kreis der Apostel richtet und auf die Apostelzeit begrenzt ist.

Mat 21,23-23,39   Auseinandersetzung mit Kritikern

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Mat 21,23-27   Frage nach der Vollmacht Jesu

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Bedeutsamkeit der Frage

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Jesus lehrt öffentlich im Tempel über Themen, die Gott betreffen. Als Mensch ohne offizielle theologische Ausbildung maßt er sich aus Sicht der theologischen Leiter damit eine Autorität an, die ihm nicht zusteht. In einer Kirche kann auch heute nicht irgendjemand kommen und predigen, oder in einer Universität eine Vorlesung halten, wenn er dazu nicht die Berufung und Erlaubnis von einem Gremium hat. Entsprechend fragt die Leitung der Juden Jesus nach seiner Berechtigung.

Jesus überrascht sie mit der Gegenfrage nach der Autorität Johannes' des Täufers. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten von wem die Autorität gegeben wurde, entweder vom Himmel (d.h. von Gott) oder von Menschen. Wenn sie von Gott kommt, dann sind seine Lehren irrtumslos, nicht anzuzweifeln, und man muss ihnen gehorchen, da Gott absolute Autorität hat. Wenn sie von Menschen kommt, dann kann sie fehlerhaft, von Irrtum behaftet oder sogar betrügerisch sein. Dann darf man zweifeln und muss kritisch prüfen und hinterfragen.

Heuchlerische Antwort der theologischen Leiter

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Die Tatsache, dass die Leiter Johannes nicht geglaubt haben, macht eigentlich schon deutlich, dass sie seine göttliche Autorität als Prophet nicht anerkennen. Auch Jesus beurteilen sie nicht anders.

Aber sie denken gar nicht daran, die Frage Jesu einfach wahrheitsgemäß zu beantworten. Stattdessen entwerfen sie ihre Antwort allein auf Grund strategischer Überlegungen. Ihnen kommt es nicht auf die Wahrheit an, sondern nur darauf, welche Wirkung sie mit ihrer Antwort erzielen. Diese Heuchelei beschreibt und verurteilt Jesus später ausführlich (Mat 23,5-28 ). Ihre Strategie zielt nur darauf ab, dass sie zu ihrer Meinung nicht stehen müssen (vgl. Joh 12,42-43 ). Sie wollen weder ihren Ungehorsam gegenüber der Botschaft des Johannes begründen müssen, noch vor dem Volk begründen, warum Johannes kein von Gott autorisierter Prophet gewesen ist. Offensichtlich haben sie für beides keine guten Argumente. Daher verstecken sie sich hinter ihrem angeblichen Nichtwissen und nehmen die Blamage dafür in Kauf, denn sonst präsentierten sie sich sicher als diejenigen die alles wussten, was die Theologie betrifft.

Erneut zur Entscheidung herausgefordert

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Diese Unehrlichkeit und Feigheit wird von Jesus mit der Nichtbeantwortung ihrer Frage bestraft. Aber im Grunde hat Jesus ihre Frage indirekt doch beantwortet: Die Quelle seiner Autorität ist die gleiche, wie die des Johannes.

Sie haben jetzt also ein weiteres Mal die Aufgabe zu entscheiden, ob sie einem Propheten Gottes glauben und gehorchen wollen. Vor dieser Frage steht jeder Mensch angesichts der Botschaft der Bibel und muss entscheiden, ob er ihr glauben will.

Jesus hat die Frage übrigens an anderer Stelle bei einer ähnlichen Gelegenheit direkt beantwortet: "Meine Lehre ist nicht von mir, sondern von dem, der mich gesandt hat; wenn jemand dessen Willen tun will, wird ihm klar werden, ob diese Lehre von Gott ist ..." (Joh 7,14-17 )

Mat 21,28-32   Gleichnis von den ungehorsamen Söhnen

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Gleichnis zur Selbstverurteilung der Leiter

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Von Mat 21,29-31  gibt es verschiedene Überlieferungsvarianten. Ihre wesentlichen Unterschiede bestehen darin, dass in einigen zuerst der anfängliche Nein-Sager in den anderen zuerst der lügnerische Ja-Sager genannt wird. Die Grundaussage bleibt aber immer gleich: Die Hohenpriester und Ältesten erkennen den anfänglichen Nein-Sager als den Gehorsamen. Die meisten Übersetzungen wählen die Version mit dem anfänglichen Nein-Sager zuerst.

Indem Jesus die Hohenpriester und Ältesten auffordert, das Verhalten der beiden Söhne zu beurteilen, und ihnen erst nachher erzählt, dass sie mit dem lügnerischen Ja-Sager gemeint sind, bringt er sie dazu, ihr eigenes Verhalten zu verurteilen. Das erinnert an die Art, wie auch Nathan David von seiner Sünde überführt hat (2Sa 12,1-9 ).

Zöllner und Huren als Vorbilder der Umkehr

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Zöllner und Huren waren nach Meinung der Juden die schlimmsten Sünder. Und natürlich ist ihr anfängliches Verhalten auch nicht zu rechtfertigen, denn sie verweigern zunächst barsch den Gehorsam Gott gegenüber. Diejenigen von ihnen, die sich von Johannes dem Täufer zur Umkehr ihres Lebenswandels haben bewegen lassen (vgl. Luk 3,12  / Luk 18,9-14  / Luk 19,2-10 ), sind aber Vorbilder für die selbstgerechten Leiter, die Johannes nicht geglaubt haben und nicht umgekehrt sind (vgl. Mat 21,25  / Luk 7,28-30 ).

Welchen Ungehorsam haben die Ältesten begangen, von dem sie hätten umkehren sollen? Die Priester waren meist Sadduzäer. Diese waren liberal, d.h. nahmen die Gebote Gottes nicht so ernst (vgl. Mat 22,23 ), und waren gegenüber hellenistischem, d.h. heidnischem Einfluss offen. Unter den erwähnten Ältesten waren aber auch Pharisäer, die das Gesetz vordergründig sehr ernst nahmen (vgl. Mat 22,34-36 ). Ihre Fehler hält Jesus ihnen in Mat 23,1-28  ausführlich vor. Unter den Schriftgelehrten, die er dort in die Kritik mit einbezieht, können auch Sadduzäer gewesen sein. Kernpunkt des Vorwurfs ist Heuchelei: Sie erwecken äußerlich den Anschein gottesfürchtig zu sein, aber in Wirklichkeit missachten sie den Kern seines Willens.

Weitere Informationen zum Reich Gottes, das die bekehrten Zöllner und Huren eher erreichen als die Ältesten, siehe http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/i0031_reich_gottes.htm

Mat 21,33-46   Gleichnis von den bösen Weinbergpächtern

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Gleichnis mit skurrilen Akteuren

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Jesus spricht weiter zu den Hohenpriestern und Ältesten (Mat 21,23 ). Die Geschichte, die Jesus hier erzählt, beginnt zunächst ganz normal.

Ein wohlhabender Herr (Hausherr, Gutsbesitzer, Grundbesitzer) investiert und baut einen kompletten Weinproduktionsbetrieb auf. Er stattet ihn mit allem aus, was damals zu einem solchen Betrieb gehörte. Aus der Wortwahl "pflanzte" (grundtextnahe Übersetzungen) lässt sich wohl schließen, dass auch die Weinstöcke gepflanzt sind und im kommenden Jahr bereits mit Früchten zu rechnen ist. Die weniger wohlhabenden Pächter, brauchen nicht mehr zu investieren und müssen sich um nichts mehr kümmern, als nur die Weinstöcke zu pflegen und zu ernten. Es ist vereinbart, dass die Pacht nicht in Form von Geld, sondern in Form eines Anteils an der Ernte ausgezahlt wird.

Am Zahltag allerdings, wird es sehr skurril. Sowohl die Pächter, als auch der Weinbergbesitzer verhalten sich völlig abnorm, so wie es in der Realität niemals passieren würde. Nicht nur zahlen die Pächter nicht, sondern sie misshandeln und töten sogar die Boten und am Ende den Sohn in der völlig abwegigen Annahme, sie könnten so den Weinberg erben.

Der Weinbergbesitzer dagegen ist so geduldig und gibt ihnen so viele Chancen, wie es ein menschlicher Herr niemals tun würde.

Wieder lässt Jesus durch seine abschließende Frage die Ältesten über sie selbst ihr eigenes Urteil fällen. Eigentlich hätten sie beim Hören des Geleichnisses schon sofort an Jesaja denken müssen (Jes 3,14  / Jes 5,1-7 ). Hier und an manchen anderen Stellen im Alten Testament wird Israel mit einem Weinberg verglichen, der von Gott gepflanzt wurde. Dass die Ältesten des Volkes die Weingärtner sind, die den Weinberg pflegen, ist sehr nahe liegend. Trotzdem verstehen sie das Gleichnis erst, als Jesus vom verworfenen Stein und vom Reich Gottes spricht, das ihnen weggenommen wird.

Zitat vom Eckstein

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Das Zitat vom Eckstein steht in Psm 118,22-23 . Die Ich-Person des Psalms spricht davon, dass sie von Feinden bedrängt wurde, die versuchten sie zu Fall zu bringen. Aber der HERR hat sie gerettet und sie will durch die Tore der Gerechtigkeit gehen. Das darf man wohl so verstehen, dass die Ich-Person der verworfene Stein ist und die Bauleute die Feinde. Also identifiziert Jesus sich mit dem Stein und die Ältesten des Volkes mit den Bauleuten. Bemerkenswert ist Psm 118,25-26 : "Hosanna, ... gesegnet sei, der kommt im Namen des HERRN." Mit diesem Zitat wurde Jesus in Mat 21,9  beim Einzug in Jerusalem begrüßt und als Sohn Davids bezeichnet. Man kann also davon ausgehen, dass dieser Psalm damals als messianisch verstanden wurde. Jesus weist also die Ältesten des Volkes durch das Zitat darauf hin, dass sie dabei sind, den Messias, den Sohn Gottes (des Weinbergbesitzers) zu verwerfen.

Das Motiv des Ecksteins kommt auch in Jes 28,16  vor. Dort geht es im Zusammenhang um Ungehorsam und Unmoral der leitenden Leute, besonders auch der Priester und Propheten. Jesaja droht die Bestrafung durch ein fremdes Volk an, und kündigt an, dass das Recht wieder aufgerichtet werden wird durch einen kostbaren Eckstein, der vom HERRN gelegt wird. Wer an ihn glaubt muss keine Angst haben vor dem Gericht.

Im Neuen Testament wird der Eckstein erwähnt in

Apg 4,11  Bezeichnet Jesus als den verworfenen Eckstein, die Ältesten des Volkes als Bauarbeiter.
Eph 2,20  Gemeinde als Gebäude mit Christus als Eckstein.
1Pt 2,4-7  Nimmt Bezug sowohl auf Psm 118,22-23 , als auch auf Jes 28,16 .

Diese Ablehnung des Messias durch die Leiter des Volkes bestraft Gott, indem das Reich Gottes (der Weinberg) von ihnen genommen wird und einem Volk gegeben wird, das seine Früchte bringen wird (Mat 21,43 ). Hier fällt auf, dass die primären Gesprächspartner zwar die Ältesten sind (Mat 21,23+45 ), aber Jesus von Volk/Nation spricht. Er sieht hier schon voraus, dass die Mehrheit der Bevölkerung ihn ablehnen wird (Mat 27,20-25 ). Das Reich Gottes kann man so verstehen, dass die Gegenwart Gottes, die sich im Gottesdienst des Tempels und in Jesus selbst zeigt (vgl. Lukas 17,20-21 ), weggenommen wird, indem erst Jesus in den Himmel fährt und im Jahr 70 n.Chr. Jerusalem zerstört und damit der Tempelgottesdienst beendet wird. Das Volk, dem es gegeben wird, ist die christliche Gemeinde (vgl. 2Pt 2,9-10  / Röm 9,22-26 ).

Mehr zu dem vielschichtigen Begriff des Reiches Gottes in http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/i0031_reich_gottes.htm

Die vorübergehende Verwerfung Israels und deren Ersatz durch die christliche Gemeinde wird in Röm 9-11  ausführlich behandelt.

Unangenehmer Kontakt mit dem Eckstein

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Jesus gibt dann in Mat 21,44  noch eine besondere Warnung vor einem unangenehmen Kontakt mit dem Stein (Mat 21,44 ).

Was ist mit "wer auf diesen Stein fällt" und "auf wen er fällt" gemeint? Jesus beschreibt zwei Seiten des Gerichts. Es könnte sein, dass er dabei Bezug nimmt auf die Praxis der Steinigung, bei der der Delinquent zuerst hinabgestürzt (vgl. Luk 4,29 ) und anschließend gesteinigt wurde (vgl. Joh 8,59 ). Ein möglicher Bezug könnten auch die Steinschleudern der Römer sein, die bei der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 zum Einsatz kamen.

In Jes 8,12-15(-19)  wird der HERR selbst zum Stein des Anstoßes für diejenigen in Israel, die an Aberglaube und Spiritismus festhalten.

In Dan 2,44-45 , der Deutung des Traums Nebukadnezars, in dem eine Statue am Ende durch einen auf sie fallenden Stein zerstört wird, ist der Stein das Reich Gottes, das alle menschlichen Reiche ersetzen wird.

Der erste Teil, "wer auf diesen Stein fällt", beschreibt die Ungläubigen und Feinde Jesu, die an ihm Anstoß nehmen und dadurch schon jetzt zu Schaden kommen. Der zweite Teil "auf wen er fällt" könnte den Schwerpunkt auf das spätere Gericht legen. Während seines Aufenthalts auf der Erde ist Christus der Stein über den Menschen fallen, die ihn ablehnen. Der verherrlichte Christus als Richter wird der Stein sein, der auf Menschen fällt (Off 19,11-16  / Off 20,11-15 ).

Was sagt der Abschnitt uns heute?

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Allgemeine Prinzipien der Beobachtungen aus dem Text:

Gott gibt viele Gelegenheiten, ihn zu erkennen. Er offenbart sich in den prophetischen Schriften der Bibel und in seinem Sohn (vgl. Heb 1,1-2 ).
Gott erwartet angemessenen Respekt und eine entsprechende Reaktion
Die Offenbarung Gottes, insbesondere auch in seinem Sohn, entspricht eventuell nicht unseren Erwartungen, was uns dazu verleiten kann, dass wir an ihm Anstoß nehmen und ihn ablehnen.
Die Ablehnung führt zu schwerwiegendem Schaden für uns, sowohl im irdischen Leben, als auch im späteren Gericht (Heb 9,27 ).
Gott wird sich bei permanentem Ungehorsam irgendwann dazu entschließen, einmal gegebene Segnungen und Privilegien zu entziehen und stattdessen Gericht auszuüben.

Mat 22,1-14   Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl

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Nochmals Skurriles

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Jesus verdeutlicht den gleichen Sachverhalt jetzt noch mit einem weiteren Gleichnis. Auch hier, wie im Gleichnis von den Weinbergpächtern, verhalten sich die Parteien wieder völlig absurd, wie es im realen Leben nie passieren würde.

Hier wird das Handeln Gottes auf der Erde als Himmelreich bezeichnet, d.h. wie Gott als König (Psm 10,16  / Jes 44,6 ), der im Himmel seinen Thron hat (Jes 66,1 ), auf der Erde wirkt.

Mat 22,3-6   Weigerung der Eingeladenen zu kommen

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Aus Vers 3 lässt sich entnehmen, dass die Einladung bereits früher ergangen war, d.h. die Eingeladenen waren bereits vorher eingeladen worden und wurden hier nur noch erinnert, dass es jetzt losgeht. Die Form der Weigerung steigert sich immer mehr. Zuerst wollen sie einfach nicht kommen, d.h. sie lehnen wohl ab, ohne Begründung. Die zweite, dringliche Einladung, dass das Fest startklar ist und mit vielen Leckereien aufwartet, wird mit Ignoranz und Fortsetzung der beruflichen Tätigkeiten quittiert, d.h. hier bekommen die Boten nicht einmal mehr eine Antwort. Die beruflichen Ambitionen haben Vorrang vor der Einladung Gottes. Schließlich werden die Boten sogar misshandelt und getötet. Später spricht Jesus auch Klartext, was er damit gemeint hat (Mat 23,29-39 , vgl. Apg 7,51-53 ).

Mat 22,7-10   Reaktion des Königs

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Die Reaktion des Königs ist zunächst verständlich und ähnlich wie beim Weinbergbesitzer. Es fällt aber auf, dass er "ihre Stadt in Brand steckt". Man bekommt den Eindruck, dass die Eingeladenen alle in einer fremden Stadt wohnen, die komplett schuldig ist. Das ist vermutlich nicht unbedingt eine Form von orientalischer Sippenhaft, sondern deutet schon die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 an (vgl. Mat 24,1-2 ).

Auch hier hat der König wieder eine völlig übermenschliche Geduld, bis er dann Gericht ausübt. Auch, dass er das Privileg der Einladung dann an andere, würdigere Leute übergehen lässt, entspricht dem Ende des Gleichnisses von den Weinbergpächtern. Dass die Gäste von den Kreuzungen der Landstraßen eingeladen werden, deutet an, dass hier wohl auch Nichtjuden dabei sind, die auf der Durchreise sind. Dass Jesus auch Nichtjuden den Weg zu Gott öffnet, wird in den Evangelien mehrfach thematisiert (Mat 8,5-13  / Mat 12,21  / Mat 15,21-28  / Mat 28,18-20 ).

Mehr dazu unter: http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/h010404_neuer_bund-_.htm

Es fällt auf, dass unter denjenigen, die die Einladung annehmen und an der Hochzeit teilnehmen, explizit Böse und Gute sind. Auch Böse werden also eingelassen, wenn sie die Einladung annehmen. Damit unterstreicht Jesus erneut die große Gnade Gottes, die er denen zuwendet, die diese Gnade besonders nötig haben (vgl. Mat 9,11-13 ) und das auch für sich erkennen und vor Gott bekennen (vgl. Luk 18,9-14 ).

Mat 22,11-14   Ein Mensch ohne Festkleidung

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Das einzige Ausschlusskriterium ist offenbar die fehlende Festkleidung. Was ist damit gemeint?

Analyse des Texts

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Die Frage des Königs: "Wie bist du hier hereingekommen?" deutet an, dass die angemessene Kleidung schon am Eingang kontrolliert wurde. Der Gefragte, muss sich irgendwie an der Eingangskontrolle vorbeigeschummelt haben.

Es gibt auch die begründete Annahme, dass die Festkleidung am Eingang den Gästen zur Verfügung gestellt wurde (vgl. Luk 15,22 ), denn wer auf der staubigen Landstraße unterwegs ist, hat keine Festkleidung für eine unerwartete Einladung dabei. Mehrere Kommentatoren erwähnen, dass es damals üblich war, dass der Gastgeber bei solchen herausragenden Festen den Gästen die Kleider zur Verfügung stellte. Andeutungen dazu finden sich in 1Mo 45,22  / 2Kg 10,22 .

Auf die strenge Frage des Königs hat der Gefragte keine Ausrede. Die fehlende Verfügbarkeit der Kleidung oder Armut des Gefragten, ist offenbar nicht der Grund. Er wollte die Festkleidung einfach nicht anziehen.

Parallelen an anderen Stellen in der Bibel

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Eine Parallele findet sich in Off 19,6-9 . Hier trägt die Braut feine Leinwand, die die gerechten Taten der Heiligen veranschaulicht. Allerdings wird die Braut in Mat 22,1-14  gar nicht erwähnt. Insofern ist es zu spekulativ die Kleidung der Braut in Off 19  mit der Festkleidung der Gäste in Mat 22  zu identifizieren.

In Jes 61,10  gibt es sowohl einen Bezug zu einer Hochzeit, als auch zu einer Kleidung die Gott zur Verfügung stellt: "Gott ... hat mich bekleidet mit Kleidern des Heils, den Mantel der Gerechtigkeit mir umgetan, wie der Bräutigam ..."

In Psm 132,9-16 : "Deine Priester sollen sich bekleiden mit Gerechtigkeit, ... mit Heil ...". Auch hier wird Gerechtigkeit und Heil mit Kleidung verglichen.

Noch näher ist Sach 3,1-10  am Thema: "Nehmt ihm die schmutzigen Kleider ab! Und zu ihm sprach er: Siehe, ich habe deine Schuld von dir weggenommen und bekleide dich mit Feierkleidern." In Vers 8 kommt sogar ein Bezug zum Messias: "Ja, siehe, ich will meinen Knecht, Sproß genannt, kommen lassen."

Auch in Luk 15,22  steht das Einkleiden des verlorenen Sohns für das Ablegen der sündigen Vergangenheit und die Erneuerung der Beziehung zum Vater, ebenfalls in Verbindung mit einem Festmahl.

In Gal 3,26-27  wird Glaube und Taufe als "Christus anziehen" bezeichnet. In Mrk 16,16  führt der Unglaube zur Verdammnis.

Schlussfolgerung und Deutung

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Am relevantesten für das richtige Verständnis sind natürlich die oben aufgeführten, alttestamentlichen Bezüge, weil sie diejenigen sind, die auch die Zuhörer Jesu kannten.

Demnach können wir ziemlich sicher annehmen, dass die Festkleidung die von Gott geschenkte Sündenvergebung und Gerechtigkeit durch den Glauben an Jesus Christus ist (Röm 3,20-28 ). Eigene Gerechtigkeit, die nicht von Gott geschenkt ist, gilt vor ihm nicht und disqualifiziert für das Reich Gottes.

Im Bereich der christlichen Gemeinde gibt es also Leute, die sich zwar zur Gemeinde halten, denen das Heil der Gerechtigkeit aber fehlt und die eine falsche Haltung haben. Ähnliche Gedanken finden sich in:

Mat 13,24-30  Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen
Mat 13,47-50  Faule Fische werden nach dem Fischzug des Reiches Gottes aussortiert
1Jh 2,18-19  Antichristen sind von uns ausgegangen, aber gehörten nicht dazu
Jud 1,12-13+19  Liebesmahl-Teilnehmer gehen in ew. Finsternis, haben Geist nicht
Bestrafung des Menschen ohne Festkleidung, Berufung und Auserwählung

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Die "äußere Finsternis" wo "Weinen und Zähneknirschen" sein wird, kommt auch noch vor in Mat 8,12  (Hauptmann von Kafarnaum), wo die "Söhne des Reichs", die ungläubigen Israeliten, in die gleiche Finsternis hinausgeworfen werden.

Heulen und Zähneknirschen kommt insbesondere in Matthäus mehrmals vor:

Mat 8,12  Söhne des Reichs → äußere Finsternis
Mat 13,38-42  Söhne des Bösen → Feuerofen
Mat 13,47-50  Faule Fische, Böse → Feuerofen
Mat 24,48-51  Böser Knecht → Zerschneidung, Teil bei Heuchlern
Luk 13,23-28  Wenn Hausherr Tür verschlossen: Ich kenne euch nicht. Weg, Übeltäter!

Das Wort von den vielen Berufenen, aber wenigen Auserwählten kommt auch in Mat 20,16  vor, wo es im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg den ersten Arbeitern gesagt wird, die darüber unzufrieden sind, dass die späteren aus Gnade den gleichen Lohn bekommen, wie sie.

Berufen sind offenbar alle, an die die Einladung Gottes ergeht. Von denen, die sie rein augenscheinlich annehmen, sind aber nicht alle auserwählt, sondern nur die, die auch die geschenkte Gerechtigkeit durch den richtigen Glauben an Christus annehmen.

Mat 22,15-22   Frage nach der Steuer an den römischen Kaiser

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Die bisherigen Gesprächspartner Jesu seit Mat 21,23  sind die Hohenpriester und Ältesten. Zu ihnen gehören sowohl Pharisäer, als auch Sadduzäer (vgl. Apg 23,6-9 ). Beide sind Gegner Jesu, mit denen er schon öfters in Konflikt kam und vor denen er seine Jünger warnte (Mat 3,7  / Mat 16,1-4  / Mat 16,11-12 ). Die vorhergehenden Gleichnisse Jesu kritisieren die Ältesten als Leute, die ihn als Messias ablehnen. Das haben sie jetzt verstanden.

Die Pharisäer nun, anstatt von ihrer falschen Gesinnung umzukehren, versuchen Jesus mundtot zu machen, indem sie ihn zu einer Aussage verleiten wollen, die ihn als Staatsfeind der römischen Besatzungsmacht erscheinen lässt, damit er von dieser verurteilt wird. Um ihre unredliche Absicht zu verschleiern, stellen sie die Fangfrage nicht selbst, sondern schicken ihre Jünger. Außerdem kooperieren sie sogar mit den Anhängern des Königs Herodes, eines Marionettenkönigs der Römer. Diese Leute sind normalerweise überhaupt nicht ihre Freunde. Sie sollen als Zeugen dienen für die erwartete staatsfeindliche Aussage Jesu. Um ihn dazu anzustacheln, schmeicheln sie ihm und lügen dabei unverfroren. Das, was sie da von Jesus zu wissen behaupten, glauben sie nämlich in Wirklichkeit nicht. Sie wollten die Frage nicht beantwortet haben, um besser Gott gehorsam sein zu können, sondern um Jesus zu schaden. Deshalb nennt Jesus sie Heuchler.

Die Wahrheit "ohne Ansehen der Person" zur Geltung zu bringen, ist tatsächlich eine Eigenschaft Gottes, die er auch von Gläubigen fordert (vgl. 3Mo 19,15  / 5Mo 10,17  / 2Chr 19,7  / 1Pt 1,17  / Jak 2,1-9 ).

Die Pharisäer erwarten, dass Jesus die Steuer an den römischen Staat zum Verstoß gegen Gottes Gebot erklärt, denn der römische Staat hing einer heidnischen, polytheistischen Religion an, in der sogar der Kaiser als Gott verehrt wurde. Das Zahlen der Steuer an den Kaiser kann somit als Anerkennung der kaiserlichen Autorität und Verehrung verstanden werden und damit als Verstoß gegen das erste Gebot (2Mo 20,3-5 ). Aber auch dann, wenn Jesus die Frage mit ja beantworten würde, hätten seine Feinde einen Sieg errungen, denn damit hätte Jesus sich als Kollaborateur der Besatzungsmacht erwiesen und somit als Feind seines eigenen Volkes, ähnlich wie die verhassten Zöllner. Seinen Anspruch, der Messias und damit ein König zu sein, hätte er nach dem Verständnis der Pharisäer damit quasi aufgegeben.

Jesus beantwortet die Frage so, dass letztlich die Frager selbst sie beantworten müssen. Sie haben zu beurteilen, was dem Kaiser und was Gott zusteht. Beiden steht etwas zu. Und es wird deutlich, dass dem römischen Staat die Steuer zusteht, weil er die Währung herausgibt und verwaltet. Das wird auch in den Briefen der Apostel betont, die auf das Thema eingehen (Röm 13,1-7  / Tit 3,1  / 1Pt 2,13-17 ).

Mat 22,23-33   Frage nach der Auferstehung

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Die Sadduzäer, die nicht an eine Auferstehung der Toten glauben, haben offenbar mitbekommen, dass Jesus die Auferstehung lehrt. Beispiele:

Jeder, der Besitz oder Verwandte verlässt empf. 100-fach, erbt ew. LebenMat 19,27-29 
Wohltat an Armen wird vergolten werden bei der Auferstehung der GerechtenLuk 14,13-14 
Alle Toten werden hervorkommen zur Auferstehung des Lebens oder GerichtsJoh 5,28-29 
Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben ...Joh 11,24-26 

Nun versuchen sie, diese Lehre Jesu von der Auferstehung als falsch dastehen zu lassen, indem sie nachweisen, dass diese Lehre zum Gesetz Moses in Widerspruch steht. Daher konstruieren sie diese spezielle Situation basierend auf dem Gebot der Schwagerehe.

Die Schwagerehe wurde offenbar schon vor dem Erlass des Gesetzes in der damaligen Kultur praktiziert (1Mo 38,6-8 ) und war Jahrhunderte später auch ein Gebot im Gesetz Gottes für Israel (5Mo 25,5-6 ).

Wenn der Schwager bereits verheiratet war, würde er dadurch eine zweite Frau bekommen. Zwar geht aus der Schöpfung die Einehe - ein Mann und eine Frau - hervor. Dennoch war die Vielehe im AT von Gott toleriert (vgl. 5Mo 21,15-17  / 2Sa 12,7-8 ). Allerdings galt das nur in der Weise, dass ein Mann mehrere Frauen haben konnte, aber nicht eine Frau mehrere Männer. Unter der Annahme, dass eine Auferstehung aller beteiligten Personen stattfindet und die Ehebeziehung dann weiterbesteht, würde also eine von Gott verbotene Situation entstehen. Deshalb kann die Auferstehung nicht sein, so die Meinung der Sadduzäer.

Jesus nun, anstatt die Frage gleich zu beantworten, bringt das Wichtigste, was die Sadduzäer wissen müssen, zuerst: Sie sind mit ihrer Auffassung zur Auferstehung im Irrtum. Mrk 12,18-27  erwähnt sogar, dass Jesus das am Ende seiner Antwort nochmals betont.

Der erste Vorwurf Jesu an sie lautet: Ihr kennt die (heiligen) Schriften nicht. Das ist ein schwerer Vorwurf an die Leute, die mehrheitlich Priester waren und deshalb die Aufgabe hatten, das Volk über die heiligen Schriften zu belehren (3Mo 10,8-11  / Mal 2,4-8 ).

Das Alte Testament lehrt an mehreren Stellen eine Auferstehung, zwar nicht systematisch, aber doch mehrfach:

Meine Seele wirst Du nicht im Totenreich lassenPsm 16,10 
Gott aber wird mich erlösen aus Macht d. Todes, denn Er nimmt mich aufPsm 49,16 
Du machst mich wieder lebendig, holst mich heraus aus der ErdePsm 71,20 
Deine Toten werden leben und Leichnahme werden auferstehenJes 26,19 
Viele werden aufwachen: manche zu ewigem Leben, andere zu ewiger SchandeDan 12,1-3 
Du, Daniel, ruhe, bis du aufstehst zu deinem Erbteil am Ende der TageDan 12,13 
Ich will aus dem Totenreich erretten; Tod, ich will dir Gift seinHos 13,14 
Siehe dazu auch:http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/d0366_auferstehung.htm

Interessanterweise zitiert dann Jesus nicht diese Stellen, die alle aus der Königszeit stammen, sondern geht zurück bis zu Mose, als er seine erste Begegnung mit Gott hatte (2Mo 3,6 ) und wo Gott sich ihm vorstellt. Auch Mose, der später das Gebot der Schwagerehe aufgeschrieben hat, wusste also schon von der Auferstehung.

In Luk 20,38  fügt Jesus noch hinzu: "Denn für ihn leben alle." Die Erzväter - und wir dürfen von den oben aufgeführten Schriftstellen auch annehmen, alle Gottesfürchtigen des Alten Testaments - leben also. Das geht auch aus Mat 17,1-3  / Luk 16,19-31  / Joh 8,56  / Heb 11,13-16  hervor.

Allerdings findet dieses Leben wohl im Himmel statt, denn eine körperliche Auferstehung ist wahrscheinlich nach Dan 12,1-3+13  und Jes 26,19  noch zukünftig.

Der zweite Vorwurf Jesu an die Sadduzäer ist, dass sie die Kraft Gottes nicht kennen. Hier geht es wohl um das Bewirken der Auferstehung durch Gott. Gott hat die Macht, Leben zu geben (5Mo 32,39  / 1Sa 2,6-7  / Röm 4,17 ). Die Unkenntnis der Sadduzäer über die Kraft Gottes ist eine Folge ihrer Unkenntnis der Schrift. Wer die Bibel nicht ausreichend liest, ist über Gott schlecht informiert und deutet die Ereignisse des Lebens falsch. Die Sadduzäer machen nämlich noch einen Fehler: Sie nehmen an, dass die Ehe nach der Auferstehung weiter besteht. Dies ist aber lediglich eine Annahme, die menschlichem Denken entspringt, aber falsch ist (Mat 22,30 ). Es ist sehr wichtig, zwischen den klaren Aussagen der Heiligen Schrift und den Schlussfolgerungen menschlicher Logik zu unterscheiden. Erstere ist irrtumslos, letztere aber mit Irrtümern behaftet. Durch menschliche Schlussfolgerungen aus der Bibel entstehen Irrlehren und Sekten (Mat 15,3-9  / Kol 2,6-8 ). Der Verstand des Menschen ist durch die Sünde beeinträchtigt, so dass er nur bedingt dazu taugt, geistliche Zusammenhänge zu erkennen (Spr 3,5-7  / 1Ko 2,12-14  / Eph 4,17-18 ). Daher ist äußerste Vorsicht geboten bei allen Schlussfolgerungen aus der Bibel, die nicht auch selbst direkt in der Bibel stehen.

Mat 22,34-40   Frage nach dem größten Gebot

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Nachdem die Sadduzäer Jesus nicht einer gesetzeswidrigen Lehre überführen konnten, versuchen es die Pharisäer nochmals. Sie legten auf das genaue Einhalten des Gesetzes besonderen Wert. Deshalb haben sie an dieser Frage ein besonderes Interesse.

Ein gewiefter Theologe tritt nun gegen Jesus an. Vermutlich möchte er Jesus nachweisen, dass er falsche Prioritäten setzt oder ein - nach der Auffassung der Pharisäer - wichtiges Gebot vernachlässigt.

Vielleicht würde man nun erwarten, dass Jesus ein Gebot aus den Zehn Geboten nennt. Aber er nennt zwei andere. Allerdings steht das erste in 5Mo 6,5  im unmittelbaren Zusammenhang nach der Wiederholung der Zehn Gebote in 5Mo 5,6-21 . Dort weist Mose darauf hin, wie mit dem Wort Gottes umzugehen ist: Gebote bewahren (5Mo 6,2-3 ), im Herzen haben (5Mo 6,6 ), Kindern einschärfen, davon reden (5Mo 6,7 ), als Zeichen anbringen (5Mo 6,8 ). Motivation für all das soll also die Liebe zu Gott sein.

Die ganzheitliche Qualität der erwarteten Liebe zu Gott wird teilweise mit unterschiedlichen Worten beschrieben:

Herz, Seele (= Person, Leben), Kraft5Mo 6,5 
Herz, Seele, VerstandMat 22,37 
Herz, Seele, Verstand, KraftMrk 12,30 
Herz, Seele, Kraft, VerstandLuk 10,27 

Auch in der Septuaginta stehen drei Wörter: Herz, Seele, Kraft. Für Kraft steht dort Dynamis (= Kraft, Macht, Stärke, Vermögen, Fähigkeit), während in den Evangelien Dianoia (= Denkvermögen, Verstand, Erkenntnisvermögen, Vernunft, Denkart, Gesinnung, Absicht) steht. In Mrk und Luk wird noch Ischys (= Stärke, Kraft) ergänzt.

Die Evangelien wollen wohl das hebräische Wort für Kraft aus 5Mo möglichst genau wiedergeben und beschränken sich dabei nicht einfach auf das Zitieren der Septuaginta. Möglicherweise hatte sich die Bedeutung des Wortes Dynamis in den ca. 200 Jahren seit der Erstellung der Septuaginta bereits so verändert, dass nun zwei andere griechische Wörter für das hebräische verwendet werden mussten, um dessen Bedeutung genau genug wiederzugeben. Demnach ist mit der Kraft in 5Mo 6,5  weniger eine körperliche, sondern eine geistige gemeint.

Die drei bis vier Wörter, mit denen die Liebe hier beschrieben wird, machen deutlich, dass die ganze Person des Menschen gemeint ist, insbesondere die innere Motivation. Das steht im Gegensatz zur Glaubenspraxis vieler Pharisäer, bei denen das Halten der Gebote rein äußerlich war. Jesus geht auf dieses Problem in Mat 23,13-28  ausführlich ein.

Das Gebot der Nächstenliebe, das Jesus nennt, steht in 3Mo 19,18  als Zusammenfassung am Ende einer Gruppe von Geboten, die sich auf den zwischenmenschlichen Umgang beziehen (3Mo 19,11-17 ). Indem Jesus die Liebe zu Mitmenschen der Liebe Gottes gleichstellt, widerspricht er einer falschen Praxis der Pharisäer (Mrk 7,5-15 ).

Da diese zwei Liebesgebote also Motivation und Zusammenfassung sind, wird klar, warum Jesus sagt, dass daran das ganze Gesetz und die Propheten hängen (vgl. Röm 13,10  / Gal 5,14 ). Die vielen anderen Gebote konkretisieren, wie die Liebe zu Gott, bzw. zu Mitmenschen, praktisch aussehen soll. Die Propheten haben keine neuen Gebote aufgestellt, sondern nur auf die Einhaltung der bestehenden hingewiesen und die Folgen des Gehorsams oder Ungehorsams aufgezeigt.

Man könnte natürlich die Frage stellen, warum nicht alle Gebote gleich wichtig sind, da sie ja alle von Gott gegeben wurden. Es ist aber sinnvoll eine Rangordnung zu haben, denn es gibt Situationen, in denen zwei Gebote miteinander in Konflikt geraten, d.h. wenn man das eine einhält, missachtet man das andere. Für solche Fälle ist es notwendig ein Kriterium zu haben, welchem der Gebote der Vorrang zu geben ist. Auch im AT werden schon Rangordnungen angegeben:

Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer1Sa 15,22 
Gerechtigkeit und Recht üben ist dem HERRN lieber als SchlachtopferSpr 21,3 
(Gott) zuhören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer gebenPred 4,17 
Opfer und Feste sind Sünde, wenn gleichzeitig Unrecht getan wirdJes 1,11-17 
An Güte (Gnade, Liebe, Treue) habe ich Gefallen, nicht an OpfernHos 6,6 
An Opfern habe ich kein Gefallen, sondern Recht ergieße sichAmos 5,22-24 

Darauf weist Jesus mehrfach hin, indem er Hos 6,6  zitiert (Mat 9,13  / Mat 12,7 ).

Im Matthäus wird uns nicht berichtet, wie die Zuhörer, insbesondere der Fragesteller, auf die Stellungnahme Jesu reagieren. In Mrk 12,32-34  allerdings wird überliefert, dass der Schriftgelehrte die Antwort Jesu anerkennt und bestätigt, indem er auf Hos 6,6  Bezug nimmt. Jesus bescheinigt ihm daraufhin, dass er nicht fern vom Reich Gottes ist. Er hat mit seinem richtigen Verständnis von den Geboten gute Voraussetzungen, ins Reich Gottes zu kommen. Allerdings sagt Jesus damit wohl auch, dass er noch nicht dort ist.

Siehe mehr dazu in:http://www.ro-ho.de/bibel-pfadfinder/i003103_das_reich_go.htm

Mat 22,41-46   Frage nach dem Christus

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern

Nachdem die Pharisäer Jesus durch ihre Fragen nicht in Verlegenheit bringen konnten, fordert nun er sie heraus. Sein Ziel ist es sicher nicht, sie bloßzustellen oder ihnen Inkompetenz vorzuwerfen, sondern ihr Denken auf Zentrales zu lenken und sie damit geistlich weiter zu bringen.

Die Frage, die Jesus stellt, beantworten sie nach der allgemeinen Meinung, dass der Christus ein Nachkomme Davids ist. Der Titel "Sohn Davids" war praktisch ein Synonym für den Christus geworden (vgl. Mat 9,27  / Mat 12,23  / Mat 15,22  / Mat 20,30-31  / Mat 21,9 ).

Diese Antwort ist zwar korrekt (2Sa 7,12-17  / 1Ch 17,11-15  / Jer 23,5-8  / Jer 30,8-10  / Jer 33,14-16  / Luk 1,32 ), aber nicht vollständig. Um das zu verdeutlichen, zitiert Jesus aus dem messianischen Psalm 110,1 . Die Beurteilung dieses Psalms durch Jesus ist zunächst bemerkenswert. Jesus erkennt diesen Psalm Davids als vom Heiligen Geist inspiriert an (vgl. Mrk 12,36  / 2Ti 3,16  / 2Pt 1,19-21 ).

Dieses Zitat scheint auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein. David nennt den Christus seinen Herrn. Ein Vater würde aber niemals seinen eigenen Sohn als seinen Herrn bezeichnen. Stattdessen ist in der damaligen patriarchalischen Gesellschaft der Vater Herr seiner Söhne. Die Frage Jesu ist nun, wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, denn es muss eine Auflösung geben, da ein von Heiligen Geist inspiriertes Wort nicht widersprüchlich sein kann.

Weder die Zuhörer noch Jesus geben eine Antwort auf dieses Problem. Vermutlich ist es Jesus wichtiger, dass die Zuhörer zum tiefen Nachdenken über dieses Thema kommen, als dass er ihnen die Antwort sofort gibt und sie dadurch möglicherweise wegen ihrer kritischen Haltung ihm gegenüber sich nur zum Widersprechen herausgefordert sehen. Dieses Prinzip offengelassener Fragen könnte auch für uns heute in Evangelisation und Apologetik manchmal eine Strategie sein, um Menschen zu tieferer Erkenntnis zu führen.

Was ist nun die Antwort auf diese Frage? Der Christus ist nicht nur Sohn Davids, sondern auch Sohn Gottes (2Sa 7,12-17  / 1Ch 17,11-15  / Psm 2,7  / Mat 4,3+6  / Mat 8,29  / Mat 21,37  / Mat 22,2  / Luk 1,30-35  / Luk 22,27  / Joh 1,34  / Joh 10,36  / Joh 20,31 ), und damit natürlich Herr, wie der ganze Psalm 110  deutlich macht. Das war offensichtlich auch damals allgemein bekannt (Mat 14,33  / Mat 16,16  / Mat 26,63  / Mat 27,40+43+54  / Joh 1,49  / Joh 11,27 ). Die Frage hätten also die Schriftgelehrten und sogar das gewöhnliche Volk beantworten können.

Die Frage Jesu ruft hingegen offenbar verschiedene andere Reaktionen hervor. Die Pharisäer und Schriftgelehrten wagen danach nicht mehr, ihn zu fragen (Mat 22,46 ). Die Volksmenge hörte ihn allerdings gern (Mrk 12,37 ). Die Mehrheit kam aber offenbar nicht zu der Erkenntnis, dass Jesus der Sohn Davids und der Sohn Gottes ist (Mat 27,20-25 ).

Mat 23,1-12   Warnung vor Schriftgelehrten und Pharisäern

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern

Mat 23,1-7   Was Schriftgelehrte und Pharisäer falsch machen

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern » Mat 23,1-12  Warnung vor Schriftgelehrten und Pharisäern

Den Pharisäern und Schriftgelehrten sind die Lehren Moses anscheinend sehr wichtig. Aber sie beschäftigen sich nicht deshalb damit, um Gott angemessen zu ehren, sondern um sich selbst Ehre durch andere zu verschaffen (Joh 12,42-43 ). Das wichtigste Gebot, Gott und die Mitmenschen zu lieben (Mat 22,36-40 ), vernachlässigen sie zugunsten solcher Gebote die öffentlichkeitswirksam ihre vermeintliche Frömmigkeit demonstrieren. Das führt Jesus in Mat 23,16-28  anhand mehrerer Beispiele aus. Nach außen etwas anderes zur Schau zu tragen, als wirklich im Herzen ist, das ist Heuchelei. Die Motivation guter Werke ist nicht um Gott zu dienen, sondern gesehen und geehrt zu werden. Wenn aber niemand zusieht, dann missachten sie Gottes Gebote. Ihre Lehre und ihr Leben passten deshalb nicht zusammen (vgl. Jak 2,14-26 ).

Als Beispiele für die zur Schau getragene Frömmigkeit nennt Jesus die extrabreiten Gebetsriemen und langen Quasten. Gebetsriemen sind lederne Bänder mit Kapseln, die vier Pergamentstreifen mit Schriftstellen aus 2. und 5. Mose enthielten. Sie wurden beim Gebet an Stirn und linkem Arm getragen, wohl wegen 2Mo 13,9+16  und 5Mo 6,8 . Die Quasten sollten die Israeliten an die Gebote Gottes erinnern (4Mo 15,37–40), sie waren also in erster Linie für den Träger der Kleidung gedacht, weniger für die anderen, die ihn sehen.

Warum fordert Jesus dazu auf, zu tun, was die Schriftgelehrten sagen, trotz schwerer Vorwürfe gegen sie?

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Die Aufforderung Jesu, alles zu tun, was die Schriftgelehrten sagen, bezieht sich auf die unmittelbar vorhergehende Aussage, dass sie die Lehre Moses vertreten. Alles, was sie im unmittelbaren Bezug auf das Gesetz Moses lehrten, musste Jesus offenbar nicht beanstanden. Er kritisierte hingegen folgendes:

Die Diskrepanz zwischen Lehre und Taten (Mat 23,3 )
Eigene Zusatzgesetze, die über das Gesetz Moses hinausgingen, ihm teilweise sogar widersprachen und vorrangig der eigenen Ehre dienten (Mat 23,4  / Mat 15,1-6+9  / Mat 23,16-22 )
Die Ehrsucht (Mat 23,5 )
Außerlich zur Schau getragene Frömmigkeit, die nicht von Herzen kommt (Mat 23,25-28  / Mat 15,7-9 )

Die Lehre eines Menschen, dessen Worte und Taten nicht zusammenpassen, muss also nicht unbedingt falsch sein. Sie hat aber ein hohes Potenzial dafür. Das machen Jesus (Mat 7,15-18 ) und Paulus (Tit 1,10-16 ) deutlich.

Mat 23,8-12   Was Jünger Jesu anders machen sollen

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Ehrentitel sollen unter Jüngern Jesu nicht verwendet werden. Weder sollen sie sich damit nennen lassen (Mat 23,8+10  Rabbi, Lehrer, Meister), noch sollen sie andere so nennen (Mat 23,9  Vater). Sowohl passive als auch aktive Verwendung von Ehrentiteln soll also unterbleiben.

Damit ist aber nur die Verwendung im übertragenen Sinn als Titel gemeint, denn aus der Tatsache, dass Jesus von nur einem einzigen Vater spricht, nämlich dem im Himmel, lässt sich schließen, dass der leibliche Vater hier nicht berührt ist, und seinen Titel behalten darf.

Grundsätzlich darf und muss es die Funktion von Lehrern unter Christen aber geben (Apg 13,1  / 1Ko 12,28-29  / Eph 4,11  / 1Ti 2,7 ). Jesus wendet sich lediglich gegen das Streben nach eigener Ehre und eigner Erhöhung (Mat 23,12 ), das sich in solchen Titeln ausdrückt. Gegen diese Selbsterhöhung wird Gott Maßnahmen ergreifen. Schon im Alten Testament ist Stolz und Überheblichkeit eine Sünde, gegen die Gott streng vorgeht: 3Mo 26,19  / Psm 101,5  / Spr 16,18  / Spr 29,23  / Jes 2,17  / Jes 13,11 

Wir müssen auch selbst gegen unsere Ehrsucht vorgehen. Jesus nennt zwei Maßnahmen dagegen:

Ehrentitel ablehnen, bzw. nicht verwenden (Mat 23,8-10 )
Anderen dienen (Mat 23,11  / Mat 20,26-27 )
Siehe mehr dazu:Thematischer Pfadfinder zur Bibel - Stolz und Hochmut

Mat 23,13-36   Weherufe gegen Schriftgelehrte und Pharisäer

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Dieser Abschnitt ist die ausführlichste Beschreibung der Sünden der Schriftgelehrten und Pharisäer. In sieben Weherufen beschreibt Jesus ihre falschen Gesinnungen und falschen Handlungen.

Mat 23,13   Das Himmelreich verschließen

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern » Mat 23,13-36  Weherufe gegen Schriftgelehrte und Pharisäer

Warum gehen die Schriftgelehrten und Pharisäer nicht ins Himmelreich?

Ins Himmelreich kommen nur

Gerechte (Mat 5,20  / Mat 13,43 )
Gläubige (Mat 8,5-12  / Mat 21,31-32 ),
Leute, die von Sünde umkehren und ihre geistliche Unzulänglichkeit einsehen (Mat 3,2  / Mat 5,3  / Mat 18,1-4  / Luk 18,10-14 )
Neugeborene (Joh 3,3-5 )
Gerettete (Kol 1,13 )

Die Sünden, die Jesus den Schriftgelehrten und Pharisäern in diesem Abschnitt vorwirft, zeigen, dass sie keine Gerechten waren. Da sie die Botschaft Johannes' des Täufers und Jesu ablehnen (Mat 21,31-32 ), sind sie auch nicht gläubig. Sie sehen ihre Schuld nicht ein, kehren nicht um, sondern sind selbstgerecht (Luk 18,9 ). Diese ersten drei Punkte, die sie nicht erfüllen, sind Vorbedingung für die letzten zwei. Damit erfüllen sie die Bedingungen für den Eingang ins Himmelreich also alle nicht. Durch ihr schlechtes Vorbild verführen sie andere Menschen zu ähnlich falschen Haltungen und hindern sie damit ebenfalls ins Himmelreich zu gehen (vgl. 2Pt 2,1-3 ).

Mat 23,14   Habgier, Ausbeutung der Armen, Scheingebete

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Dieser Vers ist in den ältesten Handschriften nicht enthalten. In manchen späteren Handschriften kommt er an dieser Stelle, in anderen vor Vers 13. Die textkritische Forschung hält es für sehr sicher, dass dieser Vers im Original nicht enthalten war. Deshalb erscheint er in den meisten Übersetzungen nicht oder nur in einer Fußnote.

Möglicherweise haben Abschreiber diesen Vers später aus Mrk 12,40  und Luk 20,47  ergänzt, um eine möglichst vollständige Liste zu erhalten. An diesen Stellen ist die Überlieferung eindeutig. Dort kommt die Aussage mit den Häusern der Witwen und Scheingebete jedoch nicht in der Anrede der Schriftgelehrten vor, sondern in der Warnung vor den Schriftgelehrten im Rahmen der Lehre Jesu im Tempel. Sie erscheint dort ohne vorangehendes "Wehe ...".

Grundsätzlich ist diese Aussage Jesu über die Schriftgelehrten also authentisch. Sie zeigt ihre Scheinheiligkeit sehr drastisch und ist ein Beispiel für Mat 12,25 .

Witwen waren oft arm und schutzbedürftig. Sie waren deshalb durch das Gesetz beonders geschützt (2Mo 22,21-23  / 5Mo 10,17-18  / 5Mo 24,17  / 5Mo 24,19-21  / 5Mo 26,12-13 ). Witwen zu benachteiligen war offenbar eine oft praktizierte Sünde und wird von Gott scharf verurteilt (5Mo 27,19  / Jes 10,1-2  / Mal 3,5 ).

Wenn Jesus sagt, dass die Pharisäer die Häuser der Witwen verschlingen, dann meint er damit, dass sie die Witwen durch irgendwelche Tricks um ihren Besitz brachten und ihn sich aneigneten. Möglicherweise geschah dies durch juristische Mittel (vgl. Jes 1,17+23  / Jes 10-1-2  / 5Mo 27,19 ) oder durch Verleihen von Geld auf Zinsen, die die Witwen in ihrem Leben nicht mehr zurückzahlen konnten (vgl. 2Mo 22,24  / 3Mo 25,35-37  / Hes 22,12 ).

Trotz dieser Sünde der Habgier (Eph 5,5  / Kol 3,5-9  / 1Ti 6,6-10 ) und Unbarmherzigkeit (Röm 1,28-32  / Sach 7,8-12 ) gegenüber Hilfsbedürftigen präsentieren sich die Schriftgelehrten und Pharisäer als fromm, indem sie lange Gebete verrichten. Gebet war hoch angesehen (Mat 6,5 ) und als Gottesdienst anerkannt (Luk 2,37 ).

Bei Gott allerdings hat Barmherzigkeit höhere Priorität als gottesdienstliche Handlungen (Mat 12,7-14  / Mrk 12,28-34 ). Man kann auch nicht eine Sünde durch Gutestun wieder ausgleichen (Jak 2,8-13 ).

Mat 23,15   Falsche Bekehrungen von Nichtjuden

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern » Mat 23,13-36  Weherufe gegen Schriftgelehrte und Pharisäer

Die Pharisäer und Schriftgelehrten bemühten sich offenbar mit viel Eifer darum, Menschen aus nichtjüdischen Völkern vom Judentum zu überzeugen. Wenn sie zum Judentum konvertierten, wurden sie Proselyten (Elberfelder), bzw. Judengenossen (Luther 1984), Glaubensgenossen (Menge), genannt.

Dazu hier die Erklärung aus dem Lexikonteil der "Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel - Das Neue Testament revidierte Fassung", 1994 R. Brockhaus Verlag Wuppertal:

"proselytos Ausländer, Fremder, jmd., der von seinem Volk zu einem anderen kommt; von proseleutho, kommen zu. So ist es in der LXX verwendet (2Mo 22,20 ; 2Mo 23,9 ). Es wird in der LXX auch dazu gebraucht, um einen Fremden oder Ausländer zu bezeichnen, der zu den Israeliten kam und auch ihre Religion annahm (2Mo 12,48-49 ; 3Mo 17,8 ; 4Mo 9,14  u. ö.). Im NT bezeichnet es jmd., der vom Heidentum zum Judentum konvertierte oder sich bekehrte, und bedeutet Proselyt, Konvertit (Mt 23,15 ; Apg 2,11 ; Apg 6,5 ; Apg 13,43 ). Dazu muß ein Heide das Gesetz anerkennen, die Proselytentaufe an sich vollziehen lassen und - sofern er männlich ist - sich beschneiden lassen. Dann ist er kein Heide mehr, sondern gehört zum Volk Israel. Die Worte Jesu in Mt 23,15  beziehen sich auf den Eifer der Juden, selbst in Rom Heiden für das Judentum zu gewinnen. Dieser Eifer war so auffällig zur Zeit Jesu, daß er unter den Römern sprichwörtlich wurde. Daher kamen auch Einwohner von Rom zum Pfingstfest nach Jerusalem, die entweder Juden oder Proselyten waren (Apg 2,10 ). Im syrischen Antiochien gab es ebenfalls eine Anzahl Proselyten (Apg 6,5 ; Apg 11,20 ). Eine Vorstufe zum Proselyten ist der Gottesfürchtige (sebomenos, Partizip von 4410, vgl. dort). Ein Gottesfürchtiger übernimmt den Glauben an den einen Gott Abrahams, läßt sich aber nicht beschneiden bzw. in das Volk Israel aufnehmen. Eine gewisse Schwierigkeit bietet Apg 13,43 , wo von anbetenden oder gottesfürchtigen Proselyten die Rede ist. Möglicherweise meint Lukas mit diesem Ausdruck beide Gruppen, die Gottesfürchtigen und die Proselyten."

Schriftgelehrte und Pharisäer haben das Gericht der Hölle zu erwarten (Mat 23,33 ) wegen ihrer Heuchelei und der in diesem Abschnitt genannten Sünden. Die Proselyten nehmen sie als ihre Lehrer zum Vorbild und eifern ihnen nach. Vielleicht versuchten viele von ihnen ihre fehlende jüdische Abstammung durch besonderen Eifer in ihrer religiösen Praxis auszugleichen. So wurden sie zu Söhnen der Hölle, genau wie ihre Lehrer, und schlimmer. Die Formulierung "Sohn des ...", "Sohn der ...", die sich nicht auf einen Menschen bezieht, bezeichnet eine Zuordnung oder enge Verbindung mit dieser Sache, bei negativen Dingen eine Verfallenheit (Hes 44,9  / Apg 4,36  / Joh 17,12  / Apg 13,10  / 2Th 2,3 )

Mat 23,16-22   Missbrauch von Schwurformeln

» Matthäus » Mat 20,29 - 23,39  Taten Jesu um und in Jerusalem » Mat 21,23-23,39  Auseinandersetzung mit Kritikern » Mat 23,13-36  Weherufe gegen Schriftgelehrte und Pharisäer

Mit einem Schwur verpflichtete sich der Schwörende ein Versprechen einzuhalten (z.B. 1Mo 24,3  / 1Mo 25,33  / 1Mo 50,5  / 1Sa 24,22 ). Als weitere Bekräftigung sollte beim Namen des HERRN geschworen werden (5Mo 6,13  / 5Mo 10,20 ). Damit wird Gott explizit zum Zeugen der Versprechung, was die Hemmschwelle erhöht, das Versprechen zu brechen.

Die Gültigkeitsregeln von Schwurformeln, die Schriftgelehrte aufgestellt hatten, waren offenbar ein Mittel zum legalen Betrug (vgl. Jes 8,7-9 ). Gegenüber jemandem, der die Regeln nicht kannte, konnte man ein Versprechen brechen, ohne sich schuldig zu fühlen. Dabei wurden auch noch heilige Gegenstände für diese Betrugsmasche missbraucht.

Falsch zu schwören war aber schon immer Sünde, unabhängig von der verwendeten Formel (3Mo 5,4-6  / 3Mo 19,12  / 4Mo 30,3  / Jer 7,9  / Mal 3,5 ).

Um der Inflation von Schwurformeln, die Betrug rechtfertigten, entgegenzuwirken, verbietet Jesus seinen Jüngern das Schwören (Mat 5,33-37 ), was auch Jakobus bekräftigt (Jak 5,12 ). Das Versprechen eines Jüngers Jesu soll zuverlässig sein, auch ohne Schwur.

Mat 23,23-24   Falsche Prioritäten, Missachtung der wichtigen Gebote

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Der zehnte Teil der Ernte und der geborenen Nutztiere gehörte Gott (3Mo 27,30-33  / 5Mo 14,22-29  / 4Mo 18,21-24 ). Dieses Gebot nahmen die Schriftgelehrten so genau, dass sie sogar die geringen Mengen von Gewürzkräutern mit einbezogen. Wichtigere Gebote aber missachteten sie. Als Beispiele zählt Jesus folgende Punkte auf:

Recht: Entgegen dem Gesetz beuteten sie die Armen aus, wie oben unter Mat 23,14  beschrieben. Auch das Recht der Eltern missachteten sie (Mrk 7,9-13 ).
Barmherzigkeit: Hier zeigten sich ihre falschen Prioritäten besonders bei der Interpretation des Sabbatgebots (Mat 12,1-12  / Luk 13,10-17  / Luk 14,1-6 )
Glauben, bzw. Treue (je nach Übersetzung, das gr. Wort pistis kann beides bedeuten): Sie taten sich hervor durch Unglaube gegenüber Johannes dem Täufer (Mat 21,23-25 ) und Jesus selbst (Mat 12,38-42  / Mat 16,1-5  / Mat 21,33-46 ).

Mit den Metaphern von Mücke und Kamel verdeutlicht Jesus wie krass ihre falschen Prioritäten waren: Kleine Sünden vermeiden sie, aber große begehen sie. Das Kamel war ein unreines Tier und durfte deshalb nicht gegessen werden (3Mo 11,4 ).

Mat 23,25-28   Außen "hui", innen "pfui" - äußerlich fromm, aber im Herzen gottlos

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Nach dieser Liste von Beispielen falscher Verhaltensweisen der Schriftgelehrten und Pharisäer fasst Jesus mit zwei Bildern ihren schlechten geistlichen Zustand zusammen:

Becher und Schüsseln: Äußerlich gereinigt, aber innen voll Raub/Plünderung/Raffsucht (gr. harpagä) und Unenthaltsamkeit/Ummäßigkeit/Maßlosigkeit/Gier (gr. akrasia), je nach Übersetzung. Nach außen versuchen sie sich gottesfürchtig und heilig zu präsentieren, im Herzen aber sind sie geprägt von Habgier, die auch nicht davor zurückschreckt, sich Dinge gewaltsam anzueignen, wie wir oben bei Mat 23,14  gesehen haben. Unenthaltsamkeit ist mangelnde Selbstbeherrschung. Sie ließen sich mehr von ihrem Egoismus, als vom Bestreben leiten, Gott zu dienen (vgl. 2Ti 3,4 ).
Gräber: Äußerlich schön weiß, aber innen tot. Die Berührung von Leichen und Gräbern machte kultisch unrein, schloss vom Heiligtum aus und erforderte eine besondere Prozedur, um wieder rein zu werden (4Mo 19,11-20 ). Deshalb waren Gräber weiß angestrichen, damit man sie nicht unabsichtlich berührte. Dieses Bild ist also eine sehr drastische Beschreibung des inneren Zustands der Pharisäer und Schriftgelehrten: Sie waren innerlich, im Herzen, tot (vgl. Eph 2,1-5  Kol 2,13  / 1Ti 5,6  / Jak, 2,14-17 / Off 3,1-2 ). Man sollte sich besser von ihnen fern halten, um nicht selbst beinträchtigt zu werden.

In Mat 23,28  fasst Jesus nochmals im Klartext zusammen, was er mit diesen beiden Bildern ausdrücken will. Die Pharisäer achteten nur auf das Äußere, aber für Gott zählt das Innere, das "Herz" (1Sa 16,7  / Luk 16,15  / 1Th 2,4 ).

Mat 23,29-34   Verfolger und Mörder der Gesandten Gottes

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Dieses Thema hatte Jesus schon vorher im Gleichnis von den bösen Weinbergpächtern angespochen (Mat 21,33-46 ). Die Schriftgelehrten und Pharisäer brüsten sich, besser zu sein, als ihre Vorfahren, indem sie nicht wie diese die Boten Gottes verfolgen. Aber das Gegenteil trifft zu. Sie verfolgen sogar den Sohn Gottes. Daher sind sie nicht nur biologische Nachkommen ("Söhne") der Verfolger, sondern auch in ihrer falschen Gesinnung mit ihnen verwandt.

Das Fehlverhalten, das Jesus hier kritisiert, ist also eine moralische Überheblichkeit und gleichzeitiges falsches Selbstbild (vgl. Mat 7,3-5 ).

Sie laden dadurch besondere Schuld auf sich, dass sie das Verhalten ihrer Vorfahren als falsch anerkennen, aber es selbst noch schlimmer machen. Während man den Vorfahren vielleicht noch mildernde Umstände zugestehen könnte, weil sie es nicht besser wussten, fällt diese Entlastung für ihre Nachfahren weg. Sie sündigen wider besseres Wissen, trotz des schlechten Beispiels ihrer Vorfahren. Deshalb machen sie deren Schuldenmaß voll. Ihre Väter waren vielleicht "nur" zu etwa 95% schuldig, sie jedoch sind es zu 100%.

Indem Jesus sie mit Schlangen vergleicht (vgl. Mat 3,7 ) macht er deutlich, dass sie mit dem Teufel verbunden sind (Joh 4,44  / Off 12,9 ). Deshalb können sie, genau wie der Teufel, dem Urteil der Hölle nicht entkommen (Mat 25,41  / Mat 18,9  / Off 20,10-15  / Off 21,8 ).

Die Ankündigung, dass die führenden Theologen die Boten Jesu verfolgen werden (vgl. auch Mat 10,17 ), hat sich schon bald erfüllt, wie die Apostelgeschichte erzählt. Saulus war zunächst einer von denen, die Christen von Stadt zu Stadt verfolgt haben (Apg 8,1-3  / Apg 9,1-2  / Apg 22,4-5+19  / Apg 26,10–12). Nach seiner Bekehrung wurde er selbst verfolgt, gegeißelt und gesteinigt (Apg 9,13-16  / 2Ko 11,23-25 ).

Mat 23,35-36   Ankündigung des Gerichts

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Was bedeutet "damit alles gerechte Blut über euch kommt ..."?

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Die Formulierung, dass Blut über jemanden kommt oder gebracht wird, bedeutet, dass er für den Tod von jemandem verantwortlich ist und zur Rechenschaft gezogen wird (vgl. 2Sa 1,14-16  / Mat 27,22-25  / Apg 5,26-28  / Apg 18,5-6 ). Der Betreffende hat die Todesstrafe verdient oder entsprechende Bestrafung durch Gott zu erwarten.

Warum werden Pharisäer und Schriftgelehrte für Morde seit Abel verantwortlich gemacht?

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Entscheidend ist hier wohl der Begriff des Geschlechts (gr. genea) in Vers 36. Das Wort bezeichnet von einem Ahnherrn Abstammende, eine Sippe, Rasse, Generation, Zeitgenossen, Zeitalter. Die Bedeutung des Wortes ist also sehr vom Zusammenhang abhängig. Vielleicht kann man sie allgemein zusammenfassen als eine Gruppe von Menschen, die eine Gemeinsamkeit verbindet, um die es im Zusammenhang geht. Hier bezieht es sich auf die Gruppe von Menschen, die von Jesus kritisierte Gesinnungen haben: Heuchelei, Überheblichkeit, Egoismus, Habgier, Verachtung, Missachtung des Willens Gottes. Diese Gesinnungen sind die Ursache fast aller Morde an unschuldigen Menschen ("gerechtes Blut"). Deshalb ist die Gruppe der so gesinnten Menschen für den Tod aller durch sie ums Leben gekommenen verantwortlich. Deshalb haben sie das Gericht der Hölle zu erwarten (Mat 23,33 ).

Jesus nennt stellvertretend für viele nur zwei Beispiele von Ermordeten, die im Alten Testament festgehalten sind:

1.Abel (1Mo 4,3-8  / Heb 11,4 ) wurde aus Neid ermordet.
2.Secharja oder Sacharja: Wer hier gemeint ist, ist nicht eindeutig. Die Beschreibung seiner Ermordung passt zu Secharja, dem Sohn Jojadas (2Ch 24,18-21 ) zur Zeit des Königs Joasch von Juda. Das Buch 2.Chronik ist das letzte der hebräischen Bibel, so dass Jesus damit die Ermordeten vom ersten bis zum letzten Buch der Bibel zusammengefasst hätte. Aber der Name des Vaters ist ein anderer und passt zu dem nachexilischen Propheten (Sach 1,1+7  / Sach 7,1+8 ), von dem aber nicht berichtet ist, dass er ermordet wurde. Das schließt jedoch nicht aus, dass er ermordet wurde. Eventuell erwähnt Jesus hier ein Ereignis, das damals zwar allgemein bekannt, aber nicht in den heiligen Schriften erwähnt wird. Es gibt auch Kommentatoren, die annehmen, dass Jojada einen zweiten Namen Berechja hatte, oder dass Jojada der Großvater und Berechja der Vater des ermordeten Secharja war und nur der Großvater in 2Ch 24  genannt wurde, weil er vorher eine wichtige Rolle gespielt hat. Der Begriff Vater wurde oft im Sinn von Vorfahr benutzt. Es gibt auch Kommentatoren, die annehmen, dass es sich bei Secharja gar nicht um eine Person aus dem AT handelt, sondern um einen Zeitgenossen Jesu, was natürlich ohne weiteres möglich ist. Schon das AT zeigt, dass der Name häufig vorkam. Es könnte zur Zeit Jesu durchaus einen Berechja gegeben haben, der seinen Sohn Sacharja nannte, um an den Propheten zu erinnern. Dieser Sohn könnte von Pharisäern oder Schriftgelehrten ermordet worden sein. Es gibt noch weitere mögliche Erklärungen, wer Secharja gewesen sein könnte, aber die sind eher unwahrscheinlich und sollen daher hier unerwähnt bleiben.

Mat 23,37-39   Klage über Jerusalem

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Die Metapher von der Henne und den Küken bringt die Beziehung zu Israel zum Ausdruck, die Gott sich wünscht: Er möchte seinem Volk Geborgenheit geben, das ihm vertraut. Aber die Ermordung der Boten Gottes bringt zum Ausdruck, dass das Volk dieses Vertrauen vermissen lässt und sich von Gott fern hält. Dieses Beziehungsproblem - Ablehnung trotz von Gott entgegengebrachter Liebe - wird auch an anderen Stellen beklagt (Jes 63,7-10  / Jes 65,1-2  / Hos 11,1-7  / Luk 13,34-35  / Luk 19,41-44  / Joh 1,9-11  / Joh 5,37-40 ).

An seine Klage fügt Jesus zwei Gerichtsprophezeiungen an:

1.Euer Haus wird euch öde/verwüstet gelassen werden: Verwüstung war stets ein Zeichen von Krieg, Eroberung und Zerstörung (1Kg 9,6-9  / Jes 24,5-12  / Jer 22,6-9  / Amos 7,8-9 ). Jesus sagt hier die Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahr 70 voraus (vgl. Mat 24,1-2  / Luk 19,41-44 ).
2.Ihr werdet mich von jetzt an nicht mehr sehen, bis ...: "Jetzt" fasst die letzten Tage Jesu bis zu seiner Kreuzigung zusammen. Seine Auferstehung und seine Erscheinungen danach haben nur noch die Gläubigen erlebt, nicht die hier angesprochenen Pharisäer und Schriftgelehrten (Apg 10,38-41 ). "bis ..." ist die Ankündigung seiner Wiederkunft (Mat 24,27-31  / Mat 26,64 ), wenn er das Friedensreich aufrichten wird (Jes 9,5-6  / Jes 11,1-10  / Jes 24,23  / Jer 33,14-16  / Jer 23,5-6  / Off 20,4-6 ). Dann wird Israel ihn mehrheitlich als Messias erkennen (Jer 32,36-40  / Jer 33,6-9  / Röm 11,25-27 ). Dieses Ereignis wird auch im Psm 118,19-26  vorausgesagt. Den ersten Teil von Psm 118,26  zitiert Jesus hier.



Kommentar zum Matthäus-EvangeliumRoland Hofmann